Defektes Material bildet Spin-Strukturen: JKU Physiker erklären überraschendes Experiment

Was ist in der Forschung wichtiger: die Theorie oder Experimente? Im Idealfall beides, wie eine Zusammenarbeit der Johannes Kepler Universität Linz mit dem Max Planck Institut in Halle zeigt. Die Linzer Physiker*innen konnten die theoretische Erklärung für überraschende Ergebnisse bei Experimenten in Deutschland liefern.

Arthur Ernst
Arthur Ernst

Die deutschen Forscher*innen hatten bestimmte CrTe2-Strukturen mit Röntgen-Spektroskopie bestimmt – und stießen auf Skyrmionen. Dabei handelt es sich um winzige magnetische Wirbelknoten, die sich wie Teilchen verhalten. Sie weisen verhältnismäßig große Spin-Strukturen auf, die recht unempfindlich gegen störende Einflüsse sind. Das macht sie zu Hoffnungsträgern für die Nutzung als Informationsträger – in herkömmlichen Speichereinheiten bis hin zur potenziellen Nutzung in fortschrittlichen Quantencomputern.

Leider machen sich Skyrmionen gerne rar. Nur wenige Materialen haben die Eigenschaft, solche Spin-Strukturen zu bilden. CrTe2 gehört nicht dazu. „Skyrmionen bilden sich eigentlich nur, wenn ein Material magnetisch, aber nicht zentrosymmetrisch ist“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Arthur Ernst von der Abteilung für Vielteilchensysteme der JKU. Zentrosymmetrisch (auch Punktsymmetrie genannt) ist eine geometrische Figur, wenn sie durch Spiegelung an einem Symmetriepunkt auf sich selbst abgebildet wird. CrTe2 hat zwar passende magnetische Eigenschaften, ist zugleich aber auch zentrosymmetrisch und daher kein Kandidat für Skyrmionen – entsprechend überrascht zeigten sich die deutschen Forscher*innen bei der Entdeckung der Spin-Strukturen.

Defektes System funktioniert besser
Ratsuchend wandten sie sich an die Linzer Expert*innen, die das Rätsel tatsächlich lösen konnten. Die Proben, die von den Wissenschaftler*innen in Halle verwendet wurden, waren nicht vollkommen rein – sie enthielten Defekte. „Diese Defekte haben die Symmetrie gebrochen – und so die Entstehung der Skyrmionen ermöglicht“, erklärt Ernst. Konkret handelt es sich bei diesem Defekt um einen Überschuss von 30 % an Cr-Atomen. „Dadurch wird die Stichometrie verletzt, also die chemische Zusammensetzung verändert“, erklärt Ernst.

Sein Team entwickelt nun Methoden, um solche symmetriebrechenden Effekte zielgerichtet hervorzurufen. „Damit könnte man bei vielen magnetischen Materialen Spin-Strukturen hervorrufen – und so neue Ansätze für Informations-Speicherträger finden. Man sieht: Nicht jeder Defekt ist eine Verschlechterung“, so der JKU Physiker.