JKU Studie: Teuerungskrise hat Kaufverhalten weiterhin fest im Griff

Die Inflation ist zwar laut Statistik Austria im März geringer ausgefallen, bei den Konsument*innen ist dies allerdings noch nicht angekommen.

Professor Christoph Teller
Professor Christoph Teller

Die Preissteigerungen beeinflussen das Kaufverhalten der Österreicher:innen nach wie vor negativ, wie eine aktuelle Erhebung des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) zeigt. Die sinkende Inflation findet noch keinen Niederschlag im Konsumverhalten der Österreicher*innen. Denn das Konsumklima liegt nach wie vor tief im negativen Bereich und verbessert sich nur sehr, sehr langsam.

Die aktuelle IHaM-Langzeitanalyse bestätigt die anhaltende Kaufzurückzuhaltung im Einzelhandel. In allen drei Befragungswellen im April 2022, im September 2022 und im April 2023 haben jeweils 30 % der erwachsenen Bevölkerung angegeben, auf Grund der steigenden Einzelhandelspreise weniger Waren einzukaufen. Die Kaufzurückhaltung hält somit schon ein ganzes Jahr lang an und ein Ende ist nicht in Sicht. Denn drei Viertel der Konsument*innen gehen für die nächsten drei Monate von weiter steigenden Einzelhandelspreisen aus. Und Einstellungen beeinflussen bekanntlich das Kaufverhalten.

Aktionen weiterhin stark gefragt
75 % der Österreicher:innen (ab 18 Jahre) achten beim Einkaufen nach wie vor verstärkt auf Aktionen. Im April 2022 hat dies ebenfalls auf 75 % der erwachsenen Bevölkerung zugetroffen, nur im September 2022 hat sich der Anteil kurzfristig auf 68 % verringert. 59 % greifen aktuell auf günstigere Einzelhandelsprodukte (z.B. Eigenmarken) zurück – gleich viele wie im April 2022. Zum Höchstwert im September 2022 (64 %) zeigt sich jedoch ein – wenn auch geringer – Rückgang.

Internet-Recherche hilft nur bedingt
Die anfängliche Ausweichstrategie der Konsument*innen, die Preisanstiege durch vermehrte Recherchen im Internet abzumildern, hat bereits ein halbes Jahr nach Beginn der Teuerungswelle nahezu ausgedient. Während im April 2022 noch 43 % der Konsument:innen im Internet nach günstigen Produkten suchten, waren es im September 2022 nur mehr 28 % und auf diesem Niveau pendelt sich der Anteil auch im April 2023 ein (29 %).
In geringerem Ausmaß trifft das auch auf vermehrtes Online-Shopping zu. Während im April 2022 noch 20 % der Österreicher:innen versucht haben durch mehr Internet-Bestellungen auf die Preissteigerungen zu reagieren, sind es im April 2023 „nur“ mehr 17 %. Denn längst musste auch der Internet-Einzelhandel die steigenden Kosten in die Preiskalkulationen einfließen lassen.

Sparmöglichkeiten für Einkäufe begrenzt
Lediglich 15 % der erwachsenen Österreicher*innen möchten bzw. können Ausgaben zurückfahren, um nicht bei ihren Einkäufen sparen zu müssen. Im September 2022 waren dies 16 % und im April 2022 11 %. Für Einkäufe auf Erspartes zurückgreifen kommt nur für 8 % der Konsument*innen in Frage. Damit liegt der aktuelle Anteil in etwa auf dem Niveau vor einem halben Jahr (11 %) sowie vor einem Jahr (9 %). 4 % wollen aktuell ihr Bankkonto für ihre Besorgungen im Einzelhandel überziehen. Auch hier zeigen sich im Zeitablauf kaum (größere) Veränderungen.

“Die aktuelle IHaM-Langzeitanalyse bestätigt die anhaltende Kaufzurückhaltung der Konsument*innen ganz nach dem Motto „same procedure as last year”. Die erhobenen Indikatoren zum Kaufverhalten weisen im Zeitraum April 2022 bis April 2023 kaum Veränderungen auf – und das ist die schlechte Nachricht. Die Teuerungskrise bleibt in den Köpfen der Österreicher:innen hängen und somit auch im Ausgabeverhalten. Und ein Ende ist vorerst nicht in Sicht“, fasst Dr. Ernst Gittenberger die aktuellen Analyseergebnisse des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) zusammen.

„Der Einzelhandel befindet sich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite versuchen die Einzelhandelsunternehmen mit Aktionen und günstigeren Produkten dem negativen Konsumklima entgegenzusteuern. Auf der anderen Seite erlauben die geringen Margen bei gleichzeitig hohen bzw. steigenden Kosten nicht, generell auf Preiserhöhungen zu verzichten. Der Kurrantpreis (Anm. der nicht-reduzierte Normalpreis) wird in den Augen der Konsument*innen immer mehr zum Luxus des täglichen Einkaufs. Aktionitis bzw. breitflächige Diskontierung der Produkte werden immer mehr zum ,New Normal' im Einzelhandel. Ob Handel und Konsument*innen dieser schweren Droge, die schnell high aber langfristig krank macht, nach der Krise wieder entsagen können, bleibt abzuwarten“, erläutert Institutsvorstand Univ.Prof. Dr. Christoph Teller die schwierige
Situation der Einzelhandelsunternehmen.