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Institut für Frauen- und Geschlechterforschung
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Inflation, Schulden, Disziplin: Krisenpolitik, Männlichkeiten und kulturelle Geschlechterpolitiken in der Eurokrise

Frederic Heine (Johannes Kepler Universität Linz)

Das Forschungsprojekt untersucht vergeschlechtlichte Narrative in der politischen Aushandlung der Weltwirtschafts- und Eurokrise (2007-2015) sowie deren historische Genese. Dabei geht es etwa um die Beschwörung der „schwäbischen Hausfrau“ als sparsames Ideal durch Angela Merkel; die Darstellung Silvio Berlusconis als Personifizierung einer verschwenderischen Männlichkeit, und feministische Proteste gegen die Austeritätspolitik im Rahmen der spanischen 15M-Bewegung. Mit einem historischen und diskursiven Ansatz zielt das Projekt darauf ab, Geschlecht als Kategorie in wirtschaftspolitischen (Krisen-)Diskursen für die Analyse nutzbar zu machen und bestehende Ansätze in der Feministischen Politischen Ökonomie zu erweitern.

Dafür werden die geld- und fiskalpolitischen Weichenstellungen als zentraler Mechanismus in der Krisenpolitik identifiziert und historisch untersucht. Dabei zeigt sich, dass vergeschlechtlichte Metaphern – etwa die eines oft zitierten „Hexensabbats“ – zentral waren für die kulturelle Aushandlung der Hyperinflation in der Weimarer Republik, sowie für eine kulturell-moralisch aufgeladene „Stabilitätskultur“ in Deutschland in der Nachkriegszeit. Diese Stabilitätskultur spielte bei der Europäisierung der Geld- und Fiskalpolitik in den 90er Jahren eine wichtige Rolle, und trug insbesondere zu Beginn der Eurokrise zu einem Sonderweg der europäischen Zentralbank bei, der gravierende und vergeschlechtlichte ökonomische und soziale Folgen hatte. In diesem Kontext untersucht das Projekt auch die Mobilisierung von vergeschlechtlichten Narrativen in den Legitimationskonflikten verschiedener krisenpolitischer Pfade. Metaphern wie die einer „preußischen Disziplin“ sowie feminisierende und maskulinisierende Repräsentationen werden dabei ebenso analysiert wie die Mobilisierung von Protest-Männlichkeit und feministischer Handlungsfähigkeit in Anti-Austeritätsbewegungen. 

Mit dieser historisch informierten, verschiedene (wirtschafts-)politische Ebenen abdeckenden Untersuchung zielt das Projekt darauf ab, zu zeigen, wie Geschlecht konstitutive und kontingente Wirkungen auf die Krisenpolitik in der europäischen Wirtschaftskrise erzeugte. Dadurch trägt das Projekt zu einer Integration von kulturwissenschaftlichen Ansätzen der Geschlechterforschung in die Analyse der politischen Ökonomie bei und liefert so einen Beitrag zum Verständnis der Eurokrise, sowie von Zusammenhängen von Geschlechter- und Wirtschaftspolitik.