Homeoffice ist grundsätzlich keine Arbeitsform, die erst durch den Pandemieausbruch von COVID-19 entstanden ist. Trotzdem hat sich durch diese Krisensituation seit Anfang 2020 die Verrichtung der Arbeit und des E-Learning in den eigenen vier Wänden zwecks Kontaktreduzierung und somit zum gesundheitlichen Schutz bewährt. Nicht nur arbeitsrechtliche Fragen zum Thema Versicherungsschutz und Kostenübernahme der Arbeitsutensilien durch den Arbeitgeber standen und stehen zur Diskussion, der Bereich Homeoffice bringt auch viele gesellschaftlichen Probleme und persönliche Herausforderungen mit sich.
Dieser Thematik widmete sich das Projektstudium Sozialwirtschaft im Studienjahr 2020 / 2021. Aufgrund der relativ hohen Teilnehmeranzahl wurde eine Aufteilung in fünf Arbeitsgruppen vorgenommen: Die Gruppen 1 bis 3 führten jeweils eine qualitative Forschung zu den Themenbereichen „Homeoffice und soziale Ungleichheit“, „Homeoffice – Rolle der Frau“ und „Grenze zwischen Arbeit und Freizeit“ durch. Auf die quantitative Forschung setzten die Gruppen 4 und 5 bei den Themen „Selbstdisziplin und Leistungserbringung beim E-Learning“ und „Homeoffice - Kontrolle oder Vertrauen?“
Ergebnisse der Untersuchung
Die Mehrheit der interviewten ExpertInnen sieht eine Zunahme der sozialen Ungleichheit durch das Homeoffice. Die Möglichkeit, ins Homeoffice zu gehen, ist v.a. an das Bildungsniveau gekoppelt. Personen, die nicht im Homeoffice arbeiten, sind einer höheren Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Es sind vor allem die sogenannten systemrelevanten Berufe, die vor Ort erbracht werden müssen.
Die Wohnverhältnisse und die technische Ausstattung haben wesentlichen Einfluss auf die Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitsplatzes im Homeoffice. Viele haben kein eigenes Arbeitszimmer, sondern arbeiten teilweise vom Wohn- oder Schlafzimmer aus.
Eine wesentliche Rolle spielen auch die Betreuungspflichten. V.a. in Zeiten von Homeschooling wurden Homeoffice und Kinderbetreuung oft im selben Raum verrichtet. Da die Kinderbetreuung mehrheitlich nach wie vor den Frauen zugeschrieben wird, führte das für diese zu einem beträchtlichen Mehraufwand. Einerseits ist insofern eine Retraditionalisierung, andererseits aber auch eine Weiterentwicklung der Geschlechterrollen im Homeoffice möglich, erstere ist allerdings häufiger. Um hier entgegenzuwirken, wird ein Ausbau der öffentlichen Betreuungsmöglichkeiten angeregt.
Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt jedenfalls im Homeoffice, v.a. aufgrund notwendiger Erledigungen im Haushalt. Eine Trennung Privat-Arbeit ist hier fast nicht möglich, manche Befragte sehen die Unterbrechungen aber auch positiv, sie können beide Bereiche so flexibler kombinieren. Die Mehrheit der Interviewten fühlt sich im Homeoffice weniger einsam, da so mehr Zeit mit Familie und Freunden verbracht werden kann.
Von den befragten Betroffenen wird eine Mischung aus Homeoffice und Arbeit vor Ort präferiert. Die Möglichkeit des Homeoffice sollte ihres Erachtens auf alle Fälle weitergeführt werden. Auch die befragten Studierenden plädieren dafür, die Option E-Learning in Zukunft weiterzuführen. Diese sollte gleichzeitig weiterentwickelt und interaktiver gestaltet werden, um die Aufmerksamkeit der TeilnehmerInnen aufrechtzuerhalten.
Bestätigt hat sich die Hypothese, dass Personen im Homeoffice effizienter arbeiten, wenn sie spezielle Leistungen zu erbringen haben oder ihnen ein hohes Vertrauen entgegengebracht wird. Jüngere Personen werden im Homeoffice mehr kontrolliert als Ältere, sie sehen dies aber nicht als Problem, zumal sie noch nicht so sattelfest in ihrer Tätigkeit sind. Ansonsten reichen regelmäßige Abstimmungen oder Online-Konferenzen im Allgemeinen aus, um die Arbeitsleistung sicherzustellen.
Renate Perndl / Hansjörg Seckauer