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Intensivere Betreuung von Arbeitslosen verkürzt die Arbeitslosigkeit

Eine JKU Studie zeigt: Je mehr sich AMS-Betreuer*innen zeitlich um Arbeitssuchende kümmern können, desto höher der Vermittlungserfolg.

Arbeitssuche Symbolbild; Credit: Pixelbay
Arbeitssuche Symbolbild; Credit: Pixelbay

Die Beratung und Vermittlung von Arbeitslosen zählt zu den Kernaufgaben des Arbeitsmarktservice (AMS). Wie erfolgreich Arbeitsuchende bei der Rückkehr in eine Beschäftigung unterstützt werden können, ist auch davon abhängig, wie viele Kund*innen ein*e AMS-Berater*in zu betreuen hat. Eine Auswertung eines Pilotprojekts zeigt, dass ein besseres Betreuungsverhältnis die Arbeitslosigkeit verkürzt, die Aufnahme einer Beschäftigung beschleunigt und zudem Kosten spart.

Im Jahr 2015 (2019) waren durchschnittlich rund 5.230 (5.500) Personen (in Vollzeitäquivalenten) beim AMS beschäftigt und haben mehr als 1 Million (960.000) Personen und mehr als 68.000 (76.000) Unternehmen betreut (AMS, 2015; AMS, 2019). Bei rund vier Millionen Terminvorsprachen wurden 2015 pro Arbeitstag rund 11.300 Vermittlungsvorschläge ausgegeben, etwa drei Viertel aller offenen Stellen (ohne Lehrplätze) wurden innerhalb eines Monats besetzt.

Das AMS hat in den Jahren 2015 und 2016 ein Pilotprojekt mit experimentellem Design durchgeführt, um eine Intensivierung der Beratung zu untersuchen. In jeweils einer regionalen Geschäftsstelle in Linz und in Wien wurde für eine zufällig ausgewählte Gruppe von Kund*innen vorübergehend das Personal aufgestockt, für alle anderen Kund*innen änderte sich der Betreuungsschlüssel nicht: In Wien betreute zum Start des Projekts in der einen Gruppe eine Person rund 100 Arbeitslose, in der Vergleichsgruppe, deren Personalstand nicht verändert wurde, betreute eine Person rund 250 Arbeitslose. Die Berater*innen hatten somit mehr Zeit, um ihre Kundinnen und Kunden zu betreuen.

Die Auswertung durch den JKU Arbeitsmarktökonomen René Böheim sowie Helmut Mahringer und Rainer Eppel (beide WIFO) zeigt, dass die Verbesserung der Betreuungsrelation zunächst zu intensiveren Beratungs- und Vermittlungsaktivitäten führte. Dies wirkte sich positiv auf die Beschäftigungsaufnahmen der betreuten Arbeitslosen aus. Da die Beraterinnen und Berater mehr Zeit hatten, kam es zu häufigeren Kontakten, zu mehr Vermittlungsvorschlägen, mehr Zuweisungen zu Maßnahmen — aber auch zu häufigeren Sperren des Leistungsbezugs, wenn Termine nicht eingehalten oder Arbeitsaufnahmen verweigert wurden. Ein Vergleich der Arbeitsmarktsituation in den zwei Jahren nach Eintritt in das Projekt zeigt, dass die Gruppe mit der intensiveren Betreuung im Schnitt zwei Monate kürzer als jene mit dem unveränderten Betreuungsschlüssel als arbeitslos vorgemerkt war. Die kürzere Arbeitslosigkeit kam zu einem Teil dadurch zustande, dass den intensiver betreuten Arbeitslosen eine raschere Aufnahme einer Beschäftigung gelang. Sie ging aber auch auf vermehrte Abmeldungen aus der Arbeitslosigkeit ohne Beschäftigungsaufnahme zurück, d.h., die Betroffenen blieben ohne Erwerbsarbeit und bezogen auch keine Leistung zur Sicherung der Existenz, wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.

Eine intensivere Betreuung könnte theoretisch dazu führen, dass die betreuten Personen weniger attraktive Beschäftigungen aufnehmen, um sich der intensiven Betreuung und der damit verbundenen stärkeren Kontrolle zu entziehen. Das könnte zu instabileren Beschäftigungen oder vergleichsweise niedriger Entlohnung führen, denn Arbeitskräfte und aufgenommene Stellen wären weniger gut aufeinander abgestimmt. Umgekehrt könnte eine besser abgestimmte Vermittlung zu stabileren und höher entlohnten Beschäftigungsverhältnissen führen, wenn Arbeitskräfte und die Stellen besser aufeinander abgestimmt sind. Die intensivere Betreuung wirkte sich aber tatsächlich weder auf die Einstiegslöhne, noch auf die Beschäftigungsdauer aus. Das weist darauf hin, dass die intensiver betreute Gruppe zwar schneller eine Beschäftigung fand, sich die Art der Beschäftigung aber nicht grundlegend unterschied.

Eine Gegenüberstellung der Kosten für die intensivere Betreuung und der Einnahmen der öffentlichen Hand ergibt, dass die Personalaufstockung nicht nur vielen Arbeitssuchenden geholfen hat, rascher eine Beschäftigung zu finden, sondern auch kosteneffizient war. Die höheren Personalkosten wurden mehr als aufgewogen, weil bei kürzerer Arbeitslosigkeit weniger Leistungen für Existenzsicherung anfallen und durch raschere Beschäftigungsaufnahmen die Erträge aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen steigen. In diesem Fall kann also der Staat mit Investitionen sogar sparen.

zur Person

René Böheim ist Volkswirt am Institut für Volkswirtschaftslehre an der Johannes Kepler Universität Linz und wissenschaftlicher Konsulent am Wirtschaftsforschungsinstitut Wien. Sein Forschungsschwerpunkt ist die empirische Arbeitsmarktforschung, insbesondere die Evaluierung von Arbeitsmarktpolitik.