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Kepler Salon
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RESONANZ STATT RAUSCHEN

Fenster im Kepler Salon
© Claudia Erblehner

Von CORNELIA LEHNER

Flüchtig, anonym und rasant ist sie geworden, unsere Kommunikation in sozialen Netzwerken und virtuellen Räumen. Als Gegenposition dazu wächst das Bedürfnis nach analogen Begegnungen – nach tiefgründigen Gesprächen, die unverbindlichen Interaktionen entgegenwirken. So erfährt ein Ort der Resonanz und Reflexion eine unerwartete Renaissance: der Salon.

Die moderne Eventkultur greift gerne auf diesen Begriff und das Salon-Image zurück, weil es nostalgisch nach Tiefgang und Authentizität klingt. Denn: Das Konzept trifft einen Nerv. Die Sehnsucht nach echter Resonanz wächst, während virtuelle Begegnungen mehr und mehr zu einem bedeutungslosen Rauschen verkommen. Ein Salon wirkt da wie ein kulturelles Bollwerk gegen die Digitalisierung – ein Versuch, dem menschlichen Bedürfnis nach Unmittelbarkeit und physischer Präsenz gerecht zu werden.

Historisch wurden Wiener Salons um 1900 von visionären Frauen orchestriert. Inmitten patriarchaler Strukturen schufen Salonnièren wie Berta Zuckerkandl, Caroline Pichler, Alma Mahler-Werfel, Bertha von Suttner und viele andere kulturelle Netzwerke, während Frauenvereine und Reformbewegungen, inspiriert von Visionärinnen wie Yella Hertzka und Helene Scheu-Riesz, den Weg für gesellschaftlichen Wandel ebneten.

Und heute? Heute wächst ein neuer Salongeist – nicht als stilisiertes Relikt, sondern als Antwort auf die Fragen unserer Zeit. Es geht nicht um die Nachahmung vergangener Formen, sondern um eine zeitgemäße Gestaltung von Orten, an denen eines entsteht: Resonanz. Ein Begriff, den der Soziologe Hartmut Rosa als das Erleben echter Weltverbindung beschreibt, als ein lebendiges In-Beziehung-Treten mit der Welt. Genau dies scheint im digitalen Raum zunehmend verloren zu gehen.

Vielleicht ist ein Salon von heute also weniger ein Revival als eine leise Rebellion: Gegen die algorithmische Macht, gegen die Anonymität der Kommentarspalten – und für das simple, aber wirkmächtige Prinzip, miteinander im selben Raum zu sein.

Cornelia Lehner
Salonintendantin