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Der Kampf um die Zukunft

Sie schwänzen die Schule um die Welt zu retten, bringen etablierte Parteien ins Wanken und trommeln auf Instagram, YouTube und Co laut für ihre Themen. Greta Thunberg oder Rezo gelten als hochpolitisierte Jugendliche der Generation Z – aber können sie wirklich unsere Welt verändern?

Von Julia Neuhauser

Illustration: istock / Agentur kest
Illustration: istock / Agentur kest

Es ist Freitag, fünf vor zwölf. Auf der Straße in Wien tummeln sich Schüler und Studenten und halten selbstgebastelte Plakate in die Höhe. „Es gibt keinen Planeten B“ und „Zack, zack, zack: Weg mit diesen Klima-Ignoranten“ ist darauf etwa zu lesen. Das sind die harmlosen Sprüche. Es gibt auch provokantere. „Klimawandel kann tödlich sein“ oder „You´ll die of old age. I´ll die of climate change“. Während ihr wegen eures hohen Alters sterben werdet, sterben wir wegen des Klimawandels, halten die Jugendlichen den Alten auf Pappkartons entgegen. Sie protestieren nicht nur in Wien, sondern in vielen Städten. Weltweit. Und sie gehen für den Klimaschutz nicht nur einmal auf die Straße. Sie machen das jeden Freitag. Seit Monaten. „Wir streiken, bis ihr handelt“ ist ein Motto der Fridays- for-Future-Bewegung.

Als Kinderaufstand wurden die Proteste zuerst abgetan. Es gehe den Schülern weniger ums Klima und mehr ums Schulschwänzen. Österreichs Politiker haben sich deshalb vorwiegend mit der Frage beschäftigt, ob nicht besser an den schulfreien Samstagen gestreikt werden sollte. In Deutschland zweifelte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) daran, dass die Kinder plötzlich, ganz ohne äußere Beeinflussung auf die Idee gekommen seien, sich für das Klima zu engagieren. „Das kann man sich auch nicht vorstellen“, sagte die Kanzlerin und sprach im selben Atemzug von den Machenschaften Russlands im Internet und von „hybrider Kriegsführung“. FDP-Chef Christian Lindner empörte mit dem Ratschlag an die Jugendlichen, den Klimaschutz doch lieber den Profis zu überlassen. Die Politik hatte im Umgang mit der jungen Bewegung anfangs nicht unbedingt ein gutes Händchen, nahm sie auch nicht allzu erst. Doch dann kam die EU-Wahl.

Der Klimaschutz, der zwar lange wahr-, aber nie ganz ernst genommen wurde, ist für viele zum Wahlmotiv geworden. Das stärkte die Grünen. Hätten in Österreich und Deutschland nur die Jüngeren, also die unter 30-Jährigen, ihre Stimme abgegeben, hätten die Grünen die Wahl deutlich gewonnen. Auch so sind sie bei den deutschen Nachbarn zur zweitstärksten Kraft aufgestiegen. Hierzulande haben sie, nach der politischen Nahtoderfahrung bei der Nationalratswahl 2017, wieder ein deutliches Lebenszeichen von sich gegeben. Und zwar mit dem zweitbesten bundesweiten Ergebnis. Europaweit wurden die Grünen von der sechst- zur viertstärksten Kraft.

Das war eine Warnung für die übrigen Parteien: Das Thema Klimaschutz darf nicht mehr ignoriert werden. Seither wird viel über die globale Erwärmung, die steigenden CO2-Emissionen und klimaschonende Maßnahmen diskutiert. In der Politik, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft. Spätestens seit im Sommer die erste Hitzewelle angerollt ist, füllt das Thema Titelseiten und Talkshows. Ein Verdienst der Jugend. Dabei wurde dem Nachwuchs lange ein politisches Desinteresse nachgesagt. Die Millennials galten als politisch träge und als Individualisten, die sich am liebsten mit ihrem eigenen Fortkommen beschäftigten. Sie konnten sich das auch leisten. Die Millennials, die ab den frühen 1980er-Jahren geboren wurden, sind in einer Zeit politischer Stabilität erwachsen geworden. „Das demokratisch-kapitalistische System hatte sich scheinbar durchgesetzt. In der öffentlichen Wahrnehmung waren Grundsatzdebatten über Geschlechter- oder Bildungsgerechtigkeit ausgefochten. Auch wenn dies auf faktischer Ebene natürlich nicht haltbar war“, sagt Dimitri Prandner. Wobei der Soziologe, der in der Abteilung der Empirischen Sozialforschung an der Johannes Kepler Universität Linz tätig ist, Schubladisierungen einer ganzen Generation prinzipiell eher skeptisch sieht. Sie helfen aber, gesellschaftliche Veränderungen zu verstehen.

So ist die Nachfolgegeneration der Millennials, die Generation Z, bereits unter anderen Umständen aufgewachsen. Die ab den späten 1990er- und in den frühen 2000er-Jahren Geborenen erlebten in ihren prägenden Jugendjahren die Wirtschaftskrise, den Arabischen Frühling, die Flüchtlingswelle. „Sie haben durch wirtschaftliche und politische Krisen viel mehr Druck von außen gespürt“, sagt Prandner. Das habe sie zusammenrücken lassen.

Von einer Repolitisierung einer ganzen Generation will der Soziologe aber nicht sprechen. „Im Bereich der formalen Politik hat es keine Trendumkehr gegeben“, sagt er. Politische Parteien seien für diese Generation genauso wenig attraktiv wie für ihre Vorgänger. „Was es aber gibt, ist eine Politisierung von einzelnen Themen in neuen Diskussionsräumen.“ Zu diesen zähle der Klimaschutz.

Doch auch das mit Einschränkungen. Der Klimaschutz ist nicht, wie nun oft suggeriert wird, einer ganzen Generation ein Herzensanliegen. Zumindest fänden sich dafür in den empirischen Daten keine Indizien, sagt Prandner. Für den European Social Survey (ESS) wurden europaweit fast 45.000 Personen befragt. Nur knapp 30 Prozent der unter 25-Jährigen gaben dabei an, sehr oder äußerst besorgt über den Klimawandel zu sein. Das sind nicht (wesentlich) mehr als in anderen Altersgruppen. Die Umfrage hat allerdings einen Haken. Sie ist drei Jahre alt. „Doch auch in neueren Daten können wir noch keine konkreten Hinweise auf eine Bewusstseinsveränderung feststellen“, sagt Prandner.

Aus wissenschaftlicher Sicht kann man heute nur eines sicher sagen: „Es gibt eine bestimmte Gruppe, die sich sehr stark und auch erfolgreich für den Klimaschutz einsetzt.“ Zu dieser Gruppe von jungen Menschen würden vor allem Kinder und Jugendliche aus stabilen gesellschaftlichen Verhältnissen zählen. Sie sind in gut situierten Elternhäusern aufgewachsen, besuchen oft das Gymnasium, später die Universität und wurden häufig von einem linkspolitischen Umfeld geprägt. Warum das so ist? „Plakativ gesagt: Wenn ich nicht weiß, ob ich morgen einen Job habe, dann werde ich mich nicht um den Klimaschutz kümmern“, so Prandner.

Aber die klimabewussten Jugendlichen werben sehr erfolgreich für ihr Anliegen. Sie haben einen Diskurs über den Klimawandel losgetreten, der Wirtschaft und Politik unter Zugzwang brachte. Das ist durchaus erstaunlich. Immerhin wird schon seit Jahrzehnten vor dem Klimawandel gewarnt. Doch diesmal wurde das auch ernst genommen. Dafür mussten einige Dinge zusammenspielen. Erstmals hat die Gruppe in die Debatte eingegriffen, die der Klimawandel besonders betrifft, die den Leidensdruck spürt. Das sind die Jugendlichen. Sie sind es auch, die mittlerweile über technische Möglichkeiten verfügen, Nachrichten rasch breit zu streuen. Und sie haben ein Gesicht gefunden, das ihre Message transportieren kann.

Es ist das eines Mädchens mit geflochtenen langen Zöpfen. Greta Thunberg ist zur Projektionsfläche der Bewegung geworden. Im vergangenen Sommer stellte sich die 16-jährige Schwedin mit einem Schild und der Aufschrift „Skolstrejk för Klimatet“, also „Schulstreik für das Klima“, vor das Parlament in Stockholm. Zuerst tat sie das täglich. Dann nur noch freitags. Greta ernährt sich vegan, fliegt nicht und hat von dieser Lebensweise auch ihre Eltern überzeugt.

Das war kein einfacher Weg. In der fünften Klasse entwickelte Greta eine Essstörung. Ein Auslöser dafür sei eine TV-Dokumentation gewesen, in der eine riesige schwimmende Plastikansammlung im Südpazifik zu sehen war. Die Müllinsel habe sich „auf Gretas Netzhaut eingebrannt“, schreibt Malena Ernman, Gretas Mutter, in ihrem Buch. Später wurde bei Greta das Asperger-Syndrom, hochfunktionaler Autismus und Zwangsstörungen mit perfektionistischem Anspruch festgestellt. Mit all ihrer Kraft setzt sie sich nun für den Klimaschutz ein.

Bald nach Gretas Bekanntwerden wurde sie zur UN-Klimakonferenz in Katowice in Polen eingeladen. Es sei Zeit, die Notbremse zu ziehen, warnte sie in ihrer dortigen Rede. Ansonsten würde die Welt geopfert. Das Video des Auftritts ist im Netz viral gegangen. Greta wurde weltweit bekannt. Mittlerweile wurde sie vom Papst empfangen, vom Dalai Lama gelobt und für den Friedensnobelpreis nominiert.

Diese Konzentration auf eine Person entspreche, wie Prandner sagt, „dem Zeitgeist“. Personalisierung liegt im Trend. Greta ist nicht nur zu einer Projektions-, sondern auch zu einer Reibungsfläche geworden. Es gibt viele Kritiker. Beschimpfungen im Internet sind an der Tagesordnung. Ein Vorwurf wiederholt sich besonders oft: Greta werde von Erwachsenen instrumentalisiert. Sie sei die PR-Marionette eines schwedischen Unternehmers und von Umweltaktivisten.

Nicht nur die Vergötterung und Verspottung Gretas findet in sozialen Netzwerken statt. Die gesamte Klimadebatte hat erst im Netz so richtig an Fahrt aufgenommen. „Ohne soziale Medien würde diese Diskussion nicht in dieser Form stattfinden“, sagt Prandner. Durch sie sei die Gatekeeperfunktion der Medien ausgeschalten worden. Bisher konnten die Medien darüber entscheiden, welche Nachrichten die Masse erreichen, nun ist das anders. Das nützt der medienskeptische Nachwuchs, der in einer Zeit groß geworden ist, in der nicht mehr nur am Stammtisch gegen Journalisten gewettert wird, sondern selbst der US-Präsident den Journalisten wiederholt die Verbreitung von „Fake News“ vorwirft. Das Vertrauen in klassische Medien ist erodiert.

Jugendliche informieren sich fernab von Nachrichtensendungen und Tageszeitungen (sie nützen sie nicht einmal online). Die Generation Z, die erste, die mit dem Smartphone in der Hand aufwuchs, verschafft sich die Informationen anders – über Twitter, YouTube oder Instagram. Man folgt Influencern. Lässt sich beeinflussen. Freiwillig. Algorithmen steuern das Leseverhalten. Sie lenken den User zu Inhalten, die ihn interessieren könnten, das spart Zeit und Nerven bei der Suche. „Es besteht die Gefahr, dass die Informationsvielfalt verloren geht. Die Jugendlichen begeben sich oftmals mehr oder minder bewusst in Echokammern und Filterblasen“, sagt Prandner. Sie würden die rasche Kommunikation auf Augenhöhe schätzen.

Wie die aussieht, zeigt „Rezo“. Der „YouTuber“ und „Influencer“, den junge Internetnutzer dabei beobachten konnten, wie er einem Freund Wasser ins Gesicht spuckt oder wie er ekelhafte Getränke hinunterwürgt, wurde jenseits seiner Zielgruppe erst durch sein Video mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“ bekannt. In dem Beitrag ist der 26-jährige Deutsche zu sehen, wie er mit seinem orangen Pulli, seinen blauen Haaren und seinem Kapperl in einem Zimmer sitzt und über das Versagen der deutschen Kanzlerpartei insbesondere beim Klimaschutz spricht. Dabei zitiert Rezo „fucking viele Belege“. Er nennt eine Klimastudie nach der anderen, spricht locker, frech und bestimmt. In dem fast 55-minütigen, schnell geschnittenen Video verhaspelt sich Rezo kein einziges Mal. Er spricht wie aufgezogen. Im eigentlichen Leben würde, so schreibt es das deutsche Nachrichtenmagazin „Spiegel“, Rezo stottern.

Das zeigt vor allem eines: Die Influencer wirken zwar spontan und authentisch, in Wahrheit sind die Videos aber hochgradig inszeniert. So lassen sich Meinungen leicht verbreiten – direkt, schnell und großflächig. Das Video, in dem Rezo den Jugendlichen rät, bei der EU-Wahl weder der CDU noch der SPD und schon gar nicht der AfD die Stimme zu geben, wurde mittlerweile mehr als 15,6 Millionen Mal angeklickt. Es wird wohl die eine oder andere Wahlentscheidung beeinflusst haben.

Influencer wie Rezo erreichen vorwiegend ein junges Publikum. Ältere Generationen informieren sich anders. „Zwischen den Generationen gibt es eine Informationskluft“, sagt Prandner. Andere Beobachter sprechen sogar von einem veritablen Generationenkonflikt zwischen den Jugendlichen, die um ihre Zukunft fürchten, und den Alten, die sie ihnen nehmen würden. Das lässt Kommentatoren häufig eine Parallele zu den 68ern ziehen. Auch Vertreter der Fridays-for-Future-Bewegung selbst haben sich bereits damit verglichen.

Tatsächlich sind Ähnlichkeiten mit der 68er-Bewegung nicht ganz von der Hand zu weisen. Auch damals, bei den Friedensdemonstrationen, der Bürgerrechtsbewegung oder bei den Studentenprotesten, wurde die Gesellschaft wachgerüttelt. Die 68er haben gegen das System und die Eliten gekämpft und damit die gesellschaftliche Debatte geformt, die Politik verändert. Das scheint nun auch die Klimabewegung zu tun.

Doch es gibt einen wesentlichen Unterschied: Damals kämpften die jungen Menschen gegen ihre Eltern. Heute, so drückte es der Münchner Soziologe Armin Nassehi zuletzt im „Spiegel“ aus, würden die Jungen stattdessen versuchen, die Eltern auf ihre Seite zu ziehen und gemeinsam mit ihnen zu kämpfen.

Das scheint häufig zu gelingen. Die Eltern schreiben Entschuldigungen für die Schule. So mancher Lehrer marschiert mit seiner Klasse bei den Demosmit. Mittlerweile hat sich sogar eine Bewegung mit dem Namen „Parents for Future“ gegründet, auch „Teachers for Future“ gibt es schon. Und die Wissenschaftler standen von Anfang an auf der Seite der Jugend. Mehr als 26.800 Wissenschaftler aus Österreich, Deutschland und der Schweiz haben sich bereits der Scientists- for-Future-Bewegung angeschlossen. „In der Wissenschaftscommunity gibt es eine fast einhellige Meinung zum Klimawandel“, sagt Reinhold W. Lang, der Leiter des Institute of Polymeric Materials and Testing an der JKU. In manchen Detailfragen gebe es zwar noch offene Punkte. „Aber darin Ungereimtheiten in der Einschätzung des menschgemachten Klimawandels insgesamt hinein zu interpretieren wäre ein Ablenkungsmanöver.“ Die Jugendlichen lägen mit ihren Warnungen richtig.

Die Fridays-for-Future-Bewegung will die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten. Die globale Durchschnittstemperatur dürfe gegenüber dem vorindustriellen Niveau also maximal um 1,5 Grad steigen. Dazu fordert die Bewegung den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und eine ökosoziale Steuerreform. Außerdem solle weder die dritte Piste auf dem Wiener Flughafen noch der Lobautunnel gebaut werden. Es brauche, wie die Jugendlichen schreiben, eine „radikale Umweltschutzpolitik“.

Ob die Jugend auch bereit ist, ihren eigenen Lebensstil einem „radikalen“ Wandel zu unterziehen, wird allerdings oft bezweifelt. Die Kinder und Jugendlichen würden sich zwar in Sprechchören bei der Demo für Klimaschutz aussprechen, danach aber in den SUV der Eltern steigen, sich zum nächsten Fastfoodlokal kutschieren lassen und währenddessen auf der Rückbank Videos streamen. Ohne Rücksicht auf ihren ökologischen Fußabdruck, so der sehr plakative Vorwurf. Doch ist daran etwas Wahres dran?

Das deutsche Bundesumweltamt sprach einst von „klimabesorgten Klimasündern“. Der Begriff ist nicht aus der Luft gegriffen. Denn paradoxerweise sorgen umweltbewusstere Menschen häufig für mehr Umweltverschmutzung. Sie kommen oft aus gebildeteren und finanzkräftigeren Schichten. Dort ist nicht nur das Umweltbewusstsein größer. Sondern auch der Luxus und damit der CO2-Ausstoß. Diese Personen haben zwar Plastik- gegen Glasflaschen ausgetauscht und benützen wiederverwendbare Kaffeebecher, sie fahren aber größere Autos, reisen häufiger und schalten bei hohen Temperaturen gerne ihre Klimaanlage ein.

Unter den Jugendlichen dürften besonders viele „klimabesorgte Klimasünder“ sein. Das legt eine erst kürzlich erschienene Umfrage des Integral Markt- und Meinungsforschungsinstituts nahe. Während 43 Prozent der Erwachsenen angeben, dem Klima zuliebe, kurze Strecken öffentlich oder mit dem Rad zurückzulegen, und weniger Fernreisen zu unternehmen, machen das nur 28 Prozent der Jugendlichen. Sie würden auch seltener auf den Kauf eines neuen Smartphones verzichten. Diese Generation ist mit dem Luxus aufgewachsen. Sie kennt die Welt nicht anders.

Das lässt die Bereitschaft auf einen Verzicht offenbar sinken. Dem eigenen Anspruch werden die Jugendlichen so oft nicht gerecht. Doch der Einzelne kann sich leicht beruhigen. Das Klima könne man ohnehin nicht alleine retten. Weltweit gebe es ganz andere, schlimmere Klimasünder.

Das will Universitätsprofessor Lang so nicht stehen lassen: „Wir müssen aufhören, das als Ausrede zu benutzen. Jeder hat die Verantwortung, bei sich selbst anzufangen.“ Etwa 80 Prozent des individuell zuordenbaren CO2-Ausstoßes komme bei uns aus den Bereichen Wohnen, Mobilität und Ernährung. Wie wir wohnen und uns fortbewegen, hänge in „hohem Ausmaß auch von anderen, systemischen Faktoren und damit von politischen Rahmenbedingungen ab“ – etwa von Bauförderungen, Sanierungszuschüssen und Verkehrsangeboten.

„Auf einer persönlichen Ebene ist der schnellste und effektivste Beitrag für den Klimaschutz der Verzicht auf Fleisch oder zumindest die Reduktion des Fleischkonsums“, sagt Lang.

Der negative Einfluss der industriellen Landwirtschaft sei enorm. Das Klima schütze man also vor allem auch durch die Umstellung der eigenen Ernährung. „Wobei ich weiß, dass das wohl eine der schwierigsten Entscheidungen ist.“ Mit dieser Einschätzung steht Lang nicht alleine da. Sie wird durch den jüngsten Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) bestätigt.

Die streikenden Jugendlichen formulieren es auf ihren Plakaten direkter: „Wurst aufs Brot Klimatod“, steht da etwa geschrieben. Ansonsten werde es bald fünf nach zwölf sein.