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Eine kurze Geschichte der Mensa

Foto: iStock

Alles, was groß ist, geschieht bei Tisch“, meinte im Jahr 1780 der Jurist und Stadtpräsident im ostpreußischen Königsberg Theodor Gottlieb von Hippel, der als Freund des Philosophen Immanuel Kant und als früher Vorkämpfer der Frauenemanzipation bis heute einen guten Namen in der Wissenschaftsgeschichte hat. Das Paradies sei bei Tisch verloren gegangen, Monarchien und Regenten entstünden und gingen unter bei der Tafel; alle Ehen würden im Himmel und bei Tische geschlossen, und jemanden zu Tische zu bitten, sei die feinste Art zu bestechen, meinte er: „Alle Herzenssachen gehören vor einen gedeckten und mit Essen und Trinken besetzten Tisch ...“ Hippel, der als regelmäßiger Teilnehmer an den Tafelrunden Kants dort einen Ehrenplatz reserviert hatte, hat bis heute Recht behalten. Er wusste als Wissenschaftler und Humanist von der großen Bedeutung der Tischgesellschaften und Symposien als vornehmste und beste Art des Wissensaustausches und der akademischen Diskussionskultur.

Mensa heißt zu Deutsch Tisch. Am selben Tisch zu sitzen, mit gleichem Besteck zu agieren, vom selben Geschirr zu essen und dieselben Gerichte zu verzehren macht die Tischnachbarn zu Genossen, Kollegen und Kumpanen, die das Brot miteinander teilen und Arbeit und Freizeit gemeinsam durchstehen und genießen. Die Mensa, der Tisch, an den sie sich alle setzen, wo sie gemeinsam essen und miteinander ins Gespräch kommen, diskutieren und disputieren, ist so gesehen nicht nur ein Ausdruck von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil von Wissensvermittlung und schöpferischer Universitätskultur. In orthodoxen Klöstern sind die „Trapesa“, die Essräume, von griechisch „trapezi“ für Tisch, und das „Katholikón“, der Gebetsraum, die beiden einzigen Räume, wo Gemeinschaft gepflegt wird. Kirche und Speisesaal sind auch in unseren Klöstern die zentralen Gemeinschaftsräume. Dorthin geht man zum gemeinschaftlichen Gebet und gemeinsamen Essen. Geistige und körperliche Nahrung stehen so gesehen in einer symbolischen und realen Beziehung.

Im modernen UniversitätsbetriebDie europäischen Universitäten sind aus der mittelalterlichen Klosterkultur herausgewachsen. Am deutlichsten wird das noch in den traditionsreichen alten englischen Universitäten: Eine eigenartige Verbindung aus spartanischer Strenge und luxuriösem Aufwand kennzeichnet das Innere der Räume der Universität Cambridge. In dem dunkel getäfelten Speisesaal, der noch heute wie im Kloster „Refektorium“ heißt, sind die Wände zur Ahnengalerie geworden. Neben den Stiftern der Colleges hängen in langen Reihen Generationen von Mastern: die bedeutendsten Gelehrten, die größten Schüler – Bacon und Newton und Milton und Byron und all die vielen anderen, die aus einem Cambridger College hervorgegangen sind. Auch das schwere Tafelsilber findet man noch und die Kristallkaraffen und die Butler, die abends am „hohen Tisch“ die Speisen reichen, nachdem das Tischgebet in mittelalterlichem Latein verklungen ist.

Im modernen Universitätsbetrieb ist diese Förmlichkeit gewichen. Im Alltag der Mensa wäre dafür gar keine Zeit, aber auch kein Verständnis mehr. Bei der Tischordnung gilt Wahlfreiheit. Man sucht sich einen freien Platz. Die Neugier nach Abwechslung der Bekanntschaften ist größer geworden als das Bedürfnis, immer streng nach gesellschaftlicher Hierarchie neben den zwangsweise meist gleichbleibenden Personen zu sitzen.

Ist der Esstisch überhaupt noch als Symbol unserer Sozialbeziehungen tauglich? Rasch wechselnde Gruppierungen in Kantinen, Restaurants oder an Imbissständen haben mit ihrer anonymen Atmosphäre die Gemeinschaft des häuslichen Tisches ersetzt. Doch die tiefe Symbolik der Tischgemeinschaft sollten wir nicht aufgeben. Die Mensa ist nicht nur ein Ort für rasches, wohlfeiles und heutzutage auch gesundes Essen, ein Ort, wo man sich ungezwungen an einen Tisch setzen kann, plaudern, Freunde treffen und Bekanntschaften machen kann, sondern auch, wenn man will, sich still auf die nächste Lehrveranstaltung einstimmen oder das eben Aufgenommene noch einmal überdenken kann, man Aufgaben löst, Mitschriften austauscht oder sich nach den zu erwartenden Fragen der nächsten Prüfer erkundigt.

Von den meisten Sprachwissenschaftlern wird das Wort „mensa“ vom lateinischen Zeitwort „metiri“ und dessen Perfektpartizip „mensus, mensa, mensum“ hergeleitet. „Metiri“ bedeutet „abmessen“ und „beziffern“. „Mensa“ als dessen zweite Ableitung meint also zunächst die zugeteilte Portion oder Ration und in weiterer Folge auch das Möbel, an welchem man diese Ration zu sich nimmt. Messen und Beziffern, könnte man sagen, ist das Wesen der Wissenschaft. Das Messen und rechte Maß sind aber auch wichtige Prinzipien beim Essen. Kopf und Bauch, in der Mensa treffen sie zusammen.

Der Esstisch gab dem Ort, wo der Tisch steht und das Essen angeboten wird, den Namen. An allen Universitäten gibt es Mensen. An die 50 allein in Österreich, mehrere am Gelände der JKU: die Uni-Mensa, die Mensa der Katholischen Hochschulgemeinde, die Raab-Mensa; und ebenso an den anderen Linzer Universitäts- und Hochschulstandorten. Die traditionsreiche Uni-Mensa, die seit 1999 unter der Leitung von Alexander Schedl stand, hat nunmehr mit Katharina Glamuzina eine neue Chefin. Sie setzt neue, zeitgemäße Maßstäbe: „Mens sana in mensa sana“ könnte man in freier Abwandlung eines alten Spruches sagen: „Ein gesunder Geist in einer gesunden Mensa.“ Die JKU setzt mit einer Bio-Mensa neue Maßstäbe, mit Nachhaltigkeit und Naturnähe, ohne Kantinenambiente, aber doch zu günstigen Preisen, mit Menüs zwischen 5,10 und 7,20 Euro.

So stillt die JKU nicht nur den Wissenshunger ihrer Angehörigen, sondern bietet ihnen auch für den körperlichen Bedarf ein zukunftsfähiges und schmackhaftes kulinarisches Angebot. Von zirka 1500 Personen wird die Mensa täglich frequentiert, nicht nur von Studenten, Professoren und sonstigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, sondern auch von externen Gästen. In der Verpflegung und Kulinarik das praktisch zu leben, was in Lehre und Forschung erarbeitet und vermittelt wird, ist nicht nur ein gesellschaftspolitischer Auftrag, sondern entspricht auch der wissenschaftlichen Vorreiterfunktion von Universitäten.