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Kepler Tribune
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Im Gespräch Ausgabe 1/2021

Die neue Wut, der neue Zweifel, die neue Solidarität?

Viele sagen ja, dass die Corona-Pandemie nur eine Übung ist, ein fire drill für die Klimakrise, vor der Wissenschaftler* innen seit Jahrzehnten warnen. Die Corona- und die Klimakrise sind in vielerlei Hinsicht eng miteinander verwoben. Sie sind verursacht durch ein extraktives Wirtschaftsmodell, in das die Ausbeutung von Mensch und Natur nicht eingepreist ist. Sie münden in eine immer größer werdende Ungleichheit, in der sich ausgerechnet die Profiteure dieses Wirtschaftsmodells am ehesten vor seinen destruktiven Folgen retten können. Und sie werden ähnlich bearbeitet: Gefüttert von Falschinformationen einflussreicher libertärer Lobbygruppen wie dem „American Institute for Economic Research“, welches die umstrittene „Great Barrington Declaration“ mit ihrer wissenschaftlich zweifelhaften Idee der natürlichen Herdenimmunität unterstützt hat und auch regelmäßig den Klimawandel leugnet, wenden sich „Wutbürger* innen“ und „Querdenker*innen“ gegen Wissenschaft und Politik. Die Politik selbst ist angesichts dieser Spaltung zunehmend verunsichert, handelt halbherzig und eigentlich immer zu spät. Nicht umsonst spricht der Zeit-Redakteur Bernd Ulrich von einer pandemischen Phase, in die die Menschheit schlittert: Selbst eine Impfung wird uns nicht retten.

Wie jede Krise eröffnet auch die Corona-Krise die Möglichkeit eines grundlegenden Wandels. Waren am Anfang der Pandemie noch die Hoffnungen groß, dass die Krise zum Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft hin zu nachhaltigen Geschäftsmodellen und fairer Bezahlung genutzt werden würde, so wachsen jetzt die Zweifel an der Handlungsfähigkeit von Nationalstaaten, an supranationalen Institutionen und an der solidarischen Haltung jedes Einzelnen. Zu offensichtlich werden die Missstände und Prioritäten: Shoppen, Skifahren, „Schau auf mich“ statt „Schau auf dich“. Blicken wir hundert Jahre zurück, so sehen wir, dass die Weltwirtschaftskrise in den USA zwar den Roosevelt’schen „New Deal“ hervorgebracht hat, in Europa aber den Faschismus und den Nationalsozialismus. Und heute?

Für einen „Green New Deal“ braucht es eine starke Staatengemeinschaft, die sich traut, auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse ihren Bürger*innen etwas zuzumuten. Doch genau das wird von den „Wutbürger*innen“ von rechts und den neuen „Querdenker* innen“, die eher aus dem links-alternativen Milieu kommen, aber, wie eine Erhebung des Baseler Soziologen Oliver Nachtwey zeigt, eine offene rechte Flanke haben, abgelehnt. Unter diesen Gruppierungen formt sich eine neue Solidarität des Dagegenseins, für die aktuell das Maskenverweigern zum gemeinsamen Symbol geworden ist. Eine gefährliche Melange, die Nachtwey als erste „postmoderne Bewegung“ bezeichnet: Statt Wissenschaft zählen Fake News, alternative Fakten und Intuition. Dabei gibt es kaum inhaltliche Kohärenz; gemeinsam bleibt die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie, der Medien und der etablierten Wissenschaft.

Paradoxerweise wird durch dieses Chaos das Entstehen autoritärer Regime, vor denen „Querdenker*innen“ und „Wutbürger*innen“ selbst so laut warnen, nur umso wahrscheinlicher. Liegt hierin die Basis für eine positive Wendung, für eine neue Solidarität? Wir müssen es, im Hinblick auf die beiden historischen Alternativen, dringend versuchen. Die Politik muss ihren Beitrag leisten, sich von der Postdemokratie der Partikularinteressen ab- und dem Gemeinwohl wieder zuwenden, Wert- über Zweckrationalität stellen. Die Bürger*innen hingegen müssen sich darauf einlassen, dass die Freiheit ihre Grenzen haben muss. Die Redefreiheit hört bei der Lüge auf. Wissenschaftliche Erkenntnisse – deren Limitationen im Sinne einer guten wissenschaftlichen Praxis inhärent sind und transparent mitdiskutiert werden – dürfen nicht durch Meinungen und Gefühle ersetzt werden. Was der Ökologe Garrett Hardin bereits 1968 als Tragik der Allmende erkannt hat, ist heute nach wie vor gültig: „Freedom in a commons brings ruin to all.“ In einer Welt, in der alles verhandelbar und relativ ist, kann es kaum eine andere Solidarität als die des Dagegenseins geben. In einer Welt hingegen, in der mehr Teilhabe und Mitbestimmung möglich ist, kann auf Basis fester Grundwerte und Grundprinzipien auch ein „New Deal“ entstehen. Selbstverständlich müssen sich zuallererst auch die verantwortlichen Politiker*innen selbst an diesen Grundwerten orientieren.  

Von Elke Schüßler
Im Gespräch Ausgabe 1/2021

Nicht auf Zukunft verzichten

In einer Universität und wohl im Besonderen in einer Kunstuniversität werden individuelle Interessen, Talente und Vorhaben hochgehalten, gepflegt, befördert und weiterentwickelt. Studentinnen und Studenten mögen ihren Weg finden, neue Ziele ausmachen, Methoden kennenlernen und durch eigenes Zutun schärfen, all das, um Lebensumständen nicht nur zu begegnen, sondern neue Impulse zu setzen und es gerade mit ungeplanten Herausforderungen aufzunehmen. Es braucht Selbstvertrauen – auch Leidenschaft schadet nicht – und den Hunger, sich immer wieder neuen und nächsten Fragen zu stellen, wie sich überraschenden Veränderungen auszusetzen, um auch Krisenzeiten nicht bloß zu ertragen, zu managen und auszusitzen. Universitäten tragen dazu bei, den Überblick zu bewahren, nicht nur damit etwas und irgendwas weitergeht, sondern auch um gegebenenfalls innezuhalten, zurückzutreten und nächste Schritte sorgfältig zu überlegen – ohne gefallen zu müssen. Universitäten bieten dafür nötige Denkräume für eine zukunftsfähige und in einer zukunftsfähigen Gesellschaft, damit sich individuelle Zugänge, frisches und unkonventionelles Denken formen können, immer auch als Grundvoraussetzungen für einen größeren Zusammenhalt. Erst die eigene Selbstsicherheit genauso wie begründeter Selbstzweifel erlauben und motivieren einen unvoreingenommenen Austausch über Fachgrenzen hin weg, hin zu anderen Disziplinen, hinaus in die Praxis, ohne Scheu vor dem Reality Check.

Gemeinschaftliche Auseinandersetzung und individuelles Selbstbewusstsein verbinden sich so zu wesentlichen Grundlagen für ein gewissenhaftes Handeln, für den Mut und die Bereitschaft, Verantwortung wahrzunehmen. Man weiß aus der Sozialforschung, dass prekäre und existenzbedrohende Lebensumstände nicht zu Zusammenhalt beitragen, vielmehr in Resignation und Aussichtslosigkeit enden. Uns fortgeschritten Erwachsenen erscheint unsere unmittelbare Gegenwart nicht selten geschichtsloser denn je, doch zeigt sich eines deutlich: Junge und noch jüngere Generationen lassen sich ihr Recht auf Zukunft nicht nehmen. Sie wenden und werten zutiefst nötige Solidarität als gesellschaftsbildende Kategorie neu, bedarf es doch zu deren dringlicher Einlösung aktueller und ungewöhnlicher Lösungsansätze auf Augenhöhe.

Nur wenn es gelingt, überzeugende Aussichten auf machbare Veränderungen zu stärken, zu entwerfen und daran festzuhalten, lässt sich Zukunft fassen und für viele erst begreifen. In diesem Sinne bilden Universitäten keine Enklaven, sondern eröffnen sichere Freiräume, in denen junge und scharfe Geister nicht auf Zukunft verzichten. Und es gilt jetzt und weiterhin, diese Privilegien zu teilen.  

Von Brigitte Felderer
Im Gespräch Ausgabe 4/2020

Demokratie braucht Drama

Wie kann unsere Gesellschaft in Zukunft bestehen? Bildung war und ist unser Aufstiegsversprechen, sagt der ehemalige Kanzler Wolfgang Schüssel. Jede Investition in Bildung würde sich mehrfach rechnen.

Von Martina Bachler
Im Gespräch Ausgabe 4/2020

Digitale Identität in Linz

„Linz. Stadt im Glück“ hieß 2009 eine Ausstellung in der damaligen Kulturhauptstadt Europas, die von einem Forscher*innenteam rund um Thomas Philipp (LIquA - Linzer Institut für qualitative Analysen) konzipiert und von der Multimediafirma checkpointmedia, die ich 2001 mitbegründet habe, umgesetzt wurde.

Die Ausstellung beschäftigte sich mit den (damals) vergangenen 30 Jahren und dem radikalen Wandel der Identität, den Linz durchlaufen hatte. Lange davor musste die Stadt gegen ihr negatives Image kämpfen, viele Jahre stand sie als smogproduzierende Industriestadt in Verruf, und der Schatten jener Zeit, als sie die Patenstadt des „Führers“ war, reichte und reicht bis in die Gegenwart.

Doch dann begann, begleitet von Kunstuniversität, der Ars Electronica und der Freien Szene, die Transformation von einer „Industriestadt“ zu einer „Industrie- und Kulturstadt“. Kultur wurde dabei nicht als zusätzliches Freizeitangebot oder Luxus für die Elite begriffen, den man sich in guten Zeiten zur Zerstreuung leistet, sondern als integraler Bestandteil und Netzwerk des täglichen Lebens, dem es damit auch möglich war, in unterschiedliche Bereiche der Gesellschaft zurückzuwirken. So wurde etwa die Stadtplanung beeinflusst, die mit der Erforschung und Etablierung von kreativen Milieus begann (z.B. Tabakfabrik), oder auch ein Konzern wie die Voestalpine, der sich heute nicht mit rauchenden Schornsteinen, sondern fast wie ein kreatives und flexibles IT-Start-up digital präsentiert.

Man erkannte: Glück ist nicht nur Zufall wie ein Lottogewinn, sondern auch ein – wenn auch fragiler – Zustand, der mit gemeinsamer (Kultur-) Arbeit hergestellt werden kann. Seit 2009 ist die digitale Entwicklung und die Vernetzung von Hard- und Software rasant vorangeschritten. Wurden zunächst analoge Informationen oder Abläufe mehr oder weniger eins zu eins digital abgebildet, so werden nun ganze Arbeitsprozesse entweder umgestellt oder abgeschafft oder überhaupt völlig neu gedacht und digital abgebildet, was auch – in beide Richtungen – massive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt der Gegenwart und Zukunft hat.

Die Möglichkeit und die gesellschaftliche Notwendigkeit, in derartige Überlegungen auch künstlerische Strategien zu integrieren und anstatt mit simplem „Ja/Nein“ auch mit Feldern von Möglichkeit und Ungewissheit leben und arbeiten zu können, haben sich damit noch einmal erweitert. Gerade in dieser Zeit sollte Linz verstärkt auf die so gelungene und erprobte Kollaboration von Kunst und Industrie setzen.

Link zur Ausstellung: https://liqua.net/stadt-im-glueck/

Von Virgil Widrich
Im Gespräch Ausgabe 4/2020

Digitale Identität aus Linz

Wie nur wenige Orte (insbesondere in Europa) kann Linz tatsächlich von sich behaupten, vom „Digitalen Wandel“ nicht nur betroffen zu sein, sondern auch einen Beitrag dazu geliefert zu haben bzw. zu liefern und das nicht nur durch einige beachtliche Success-Stories von Start-ups oder erfolgreich international agierenden Software-Firmen, sondern, weitaus einzigartiger, auf dem Sektor der kulturellen und sozialen Bedeutung der digitalen Technologie. 1979 fand zum ersten Mal das Ars Electronica Festival statt und bereits damals wurde es explizit als Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft bezeichnet. Erdacht von einem Journalisten, einem Künstler und einem Wissenschaftler, war es bereits damals ein Prototyp für jene Interdisziplinarität, in die wir heute so große Erwartungen setzen, für die Bewältigung der großen Herausforderung, die digitale Revolution mitgestalten und verantwortungsvoll nutzen zu können.

Dahinter stand die Idee, dass es möglich sein würde, durch eine vom künstlerischen Denken und Agieren inspirierte Reflexion die Transformationskräfte, die von dieser neuen Technologie auf Kultur und Gesellschaft zu erwarten waren, besser zu verstehen und ihr eine an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Ausrichtung zu geben. Eine Vision, die auch als Leitbild für die Transformation der Stahlstadt Linz zur modernen Technologie- und Kulturstadt große Bedeutung erlangen sollte.

Im Vorwort des ersten Festivalkatalogs schrieb man vor 41 Jahren: „Mit der Elektronik ist ein progressives Element in unsere technische Welt gekommen, dessen Einfluss sich nicht auf Industrie und Forschung beschränkt, sondern in alle Lebensbereiche eingreift. Damit ist eine Entwicklung in Gang gekommen, die erstaunliche und phantastische Aspekte eröffnet, in anderen Belangen aber auch Kritik und Skepsis hervorruft.“

Ja, eigentlich müsste man nur das Wort Elektronik durch Digitalisierung oder noch aktueller durch Künstliche Intelligenz auswechseln und schonwäre es das perfekte Statement für die Ankündigung einer neuen Universität für Digitalisierung und Digitale Transformation.

Die Notwendigkeit einer durch Kunst und die menschlichen und gesellschaftlichen Perspektiven geprägten Sichtweise auf die Potenziale der Digitalisierung ist in unseren Tagen um nichts geringer geworden – ganz im Gegenteil. Die Fähigkeit, Digitalisierung über ihre technologischen Aspekte hinaus als kulturelles Projekt zu sehen, ist auch der Schlüssel für die große Chance Europas auf eine erfolgreiche Positionierung im globalen Wettbewerb der datenbasierten digitalen Produkte und Dienstleistungen: Durch eine „Veredelung des Rohstoff s Daten“, durch die Entwicklung und Gestaltung von digitalen Anwendungen und Wertschöpfungen, die unseren ethischen und moralischen Standards standhalten können und die das Vertrauen der Nutzer*innen und Konsument*innen verdienen. Ein Vertrauen, ohne das eine digitale Gesellschaft und Wirtschaft nicht prosperieren können und das als Basis eines europäischen Wegs, eines „digitalen Humanismus“, zukunftsweisend sein kann.

Die dafür zusätzlich notwendigen Kompetenzen und Expertisen, obwohl wir sie vielfach im Detail noch gar nicht kennen, muss eine Universität des 21. Jahrhunderts abdecken können.

  • Sie muss selbst die Lernfähigkeit und Adaptionsfähigkeit haben, den ständig neu hinzukommenden Ausprägungen der Digitalen Transformation folgen zu können.
  • Sie muss die Frei- und Spielräume haben, um in der Dynamik der Entwicklung navigieren und führen zu können.
  • Und sie muss die Offenheit und Kreativität haben, um die Auswirkungen und Konsequenzen dieser Entwicklungen antizipieren und mitgestalten zu können.  
Von Gerfried Stocker
Im Gespräch Ausgabe 3/2020

Die Gesellschaft ist gefordert, bevor die Dystopie zur Realität wird

COVID-19 hat gezeigt, wie unerwartet schnell die gesellschaftliche Normalität dystopische Züge annehmen kann, sei es die Staatskontrolle in China, sei es die zur Schau gestellte Verantwortungslosigkeit eines Trump oder Bolsonaro, aber auch in Europa. Mehr als zehn Jahre Austerität nach der Finanzkrise haben den Gesundheitssektor an Grenzen gebracht, an denen die Triage über selektives Überleben entscheiden sollte. Der wirtschaftliche Shutdown hat nicht nur Dividenden, sondern Existenzen einbrechen lassen. Der soziale Shutdown hat gezeigt, dass dem Beziehungswesen Mensch die digitale Welt allein nicht genügt und wie schnell demokratische Formen politischer Willensbildung gefährdet sind, wenn Machthaber* innen die Ungunst der Stunde zu weiterer Selbstermächtigung nutzen. Der kulturelle Shutdown hat nonkonformistische Künstler*innen, die nicht von der „Kulturindustrie“ (Adorno/ Horkheimer) leben, besonders getroffen. COVID-19 hat eine Idee davon vermittelt, auf welche Zivilisationskrisen sich die Gesellschaft zu bewegt, wie sozial, politisch, kulturell arm sie sein wird, wenn sie nicht umdenkt. Ein im Wortsinn radikales, an die Wurzeln des Übels heranreichendes Umdenken ist erforderlich.

Die Pandemie und weitere sozial-ökologische Gefährdungen wie der Klimawandel hängen engstens mit dem wirtschaftlichen Raubbau an den Lebensgrundlagen der Menschheit zusammen. Dieser Raubbau hat mit dem Industriekapitalismus begonnen und gefährdet im Finanzmarktkapitalismus das Überleben. Weder lassen sich Katastrophen wissenschaftlich-technologisch beherrschen, wie das moderne Fortschrittsdenken immer wieder glauben machen will, noch sind die finanzmarktkapitalistischen Wachstumsimperative mit einer nachhaltigen Lebensweise vereinbar.

Zeiten großer Wirtschaftskrisen – und nicht nur die Länder Europas sind bereits mittendrin – waren immer auch Zeiten verschärfter sozialer Ungleichheiten und tiefgehender gesellschaftlicher Spaltungen, die der Demokratie an die Substanz gegangen sind. Sie fordern zur Auseinandersetzung heraus, wie gewirtschaftet und gelebt werden kann und soll. In der Gegenwartsgesellschaft gibt es zahlreiche „reale Utopien“ (Wright) solidarischen Zusammenlebens, sozial- ökologisch nachhaltigen Wirtschaftens und deliberativer politischer Willensbildung. Sie tangieren die „kleinen Fragen“ des Alltags – vom öffentlichen Nahverkehr bis zum Mehrgenerationenhaus – ebenso wie die „großen Fragen“ von industriellem Umbau, Wirtschaftsdemokratie und Sozialstaatsentwicklung. Es geht mir nicht darum, welche Wege hier beschritten werden können und sollen, aber die Gesellschaft ist gefordert, sich damit zu befassen, bevor die Dystopie mehr und mehr zur Realität wird. Margaret Thatchers berühmter Satz in Sachen Wirtschaftsliberalismus passt, wenn die Menschheit überleben will, besser für sein Gegenteil, die Utopie einer solidarischen Gesellschaft: There is no alternative.

Von Brigitte Aulenbacher
Im Gespräch Ausgabe 3/2020

Wie es weitergehen kann

„Denken heißt überschreiten!“, schreibt der Philosoph Ernst Bloch in seinem Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“. Er meinte damit nicht nur das Überschreiten der von anderen gesetzten Grenzen, sondern auch das Überschreiten von selbst gesetzten Grenzen, die uns daran hindern, Möglichkeiten als realisierbare Ideen zu sehen, als Utopien, und nicht als unerreichbare Traumbilder. Bloch stellte den Begriff der Utopie in einen Zusammenhang mit dem Begriff der Hoffnung, den er als Bereitschaft zur Eroberung des Neuen sah. „Es kommt darauf an, das Hoff en zu lernen“, ermuntert uns Bloch. Hoffen kann man nur über das Bestehende hinaus; den Status quo braucht man nicht zu erhoffen.

Eine Gesellschaft, die nicht in Nostalgie ertrinken oder im Pragmatismus ersticken will, braucht die Kraft von Utopien. Kraft erlangen Utopien allerdings nur, wenn man ihnen den defätistischen Makel nimmt, das unrealisierbare Produkt weltabgewandter Traumtänzerei zu sein.

Die Abschaffung von Sklaverei und Leibeigenschaft, gleiche Rechte für Frauen und Männer, der demokratische Rechtsstaat, die Geltung der Menschenrechte, die Reise zum Mond, die Gründung der UNO und der EU ... all diese Ideen waren zu bestimmten Zeitpunkten Utopien – konkrete Utopien, weil Menschen an ihre Realisierbarkeit glaubten und dafür gekämpft haben, dass diese Utopien gesellschaftliche und politische Anerkennung erhalten und als ebenso realisierungswürdig wie realisierungsfähig angesehen werden.

Eine utopische Antwort auf die noch kaum erkennbaren Herausforderungen der beginnenden ersten industriellen Revolution war die Einführung der allgemeinen Schulpflicht. Der Unterricht an den Schulen des Dampfmaschinenzeitalters konzentrierte sich übrigens nicht auf das Verständnis und die Bedienung von Dampfmaschinen.

Heute verändern die Klimakrise und eine naturwissenschaftliche/ technische Revolution wieder einmal das Leben der Menschheit. Nur viel schneller und tiefgreifender als je zuvor.

Wie können wir Arbeit, Bildung, Wirtschaft, Politik und die Rolle des Menschen im Zeitalter von Digitalisierung, Gentechnik und Quantentechnologie neu definieren, bevor sich das Zeitfenster für sozial verträgliche Gestaltungsmöglichkeiten schließt?

Der Radikalität unserer Zeit kann man nur mit der Radikalität von Utopien gerecht werden. Die Kunst kann das. Und die Wissenschaft kann das. Gemeinsam könnten sie im Bloch’schen Sinne zu Hoffnungsträgern für die Eroberung des Neuen werden. Denn die zielgerichtete Verbindung von wissenschaftlichem, technologischem und künstlerischem Denken ist ein wichtiger Ansatz, wenn nicht eine Voraussetzung, um konkret-utopische Strategien für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu entwickeln.

Von Gerald Bast
Im Gespräch Ausgabe 2/2020

Reflexion im Reallabor

„Zusammen streamen statt zusammenströmen“ lautete das Motto der diesjährigen Diagonale, die als eines der ersten Filmfestivals online über die Bühne ging. Nun bringt Crossing Europe einen cineastischen Streifzug quer durch Europa auf die Bildschirme der Wohnzimmer. Das Ars Electronica Center bietet einen interaktiven digitalen Lieferservice, der Ausstellungstouren, Workshops, Vorträge und Konzerte umfasst.

Die Corona-Krise katapultiert auch die Kultur in virtuelle Welten. Und illustriert überdeutlich, wie stark unser Alltag bereits von einer Melange aus On- und Offline-Wirklichkeiten geprägt ist, die untrennbar miteinander verwoben sind, einander bedingen. Diese Digitalisierung mit dem Vorschlaghammer mündet in ein großes Reallabor, in dem Experimente mit enormer Spannweite in situ in der Gesellschaft gewagt werden.

Mit Hilfe von digitalen Werkzeugen entstehen innovative Vermittlungsansätze, die es erlauben, neue Zielgruppen zu erschließen und Hemmschwellen abzubauen – vieles davon wird die Krise überdauern. Die Pandemie löst einen Lernprozess darüber aus, welche Angebote im Netz funktionieren und welche nicht, und generiert bei vielen die Erkenntnis, dass wir schon längst in der real-digitalen Sphäre leben, wo es kein Entweder-oder zwischen dem Realen und dem Digitalen gibt, sondern der Schlüssel des Erfolgs in einer hybriden und klugen Verbindung von beidem liegt.

Das Realexperiment in der Ära von COVID-19 manifestiert aber auch den Wert von Kunst und Kultur als Instrument der Reflexion.

Der globale Lockdown zeigt die Wichtigkeit und die Kraft von Kreativität – also der einzigen menschlichen Gabe, die es erlaubt, uns in unvorhersehbaren Situationen zurechtzufinden.

Im Reallabor zur Abwehr des Coronavirus werden einst als undenkbar gehandelte Maßnahmen Realität, die einen Eingriff in unsere Grundrechte darstellen. Sie verlangen nach kritischen Stimmen, um vielschichtige Diskurse anzuregen und der Allgemeinheit einen Spiegel vorzuhalten. In alledem liegt die Stärke der Kunst, sie provoziert eine Perspektivenverschiebung, emotional, intellektuell oder ästhetisch. Geänderte Blickwinkel und Betrachtungsweisen eröffnen neue Erkenntnisse. Sie sind ein wesentlicher Nährboden für Kreativität, kritische Reflexion oder Kurskorrekturen.

Doch während die Wissenschaft gerade vor den Vorhang geholt wird und Virolog*innen, Mediziner*innen oder Mathematiker*innen im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, findet Kultur plötzlich im stillen Kämmerlein statt. Die sozialen, ökonomischen, politischen und ethischen Fragen, die COVID-19 aufwirft, bedürfen jedoch transdisziplinärer Ansätze an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Der Bruch mit traditionellen Sehgewohnheiten, die Erweiterung des methodischen Erfahrungshorizonts und der spartenübergreifende Erkenntnisgewinn entsprechen der Multidimensionalität unserer vernetzten Welt und den Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Nicht zuletzt dokumentiert auch der Blick in die Geschichte ein Oszillieren zwischen Kunst, Kultur, Wissenschaft und Technologie als Innovationstreiber der Menschheit.

Umso entscheidender ist es, die existenzielle wirtschaftliche Katastrophe für den Kulturbetrieb zu verhindern und die Kunst als geistige Grundlage unserer Gesellschaft vor dem Aussterben zu bewahren. Schließlich offenbart der Ausnahmezustand: Der vorübergehende Verzicht auf kulturelle Öffentlichkeit bedeutet einen nie dagewesenen Verlust an Lebensqualität, Inspiration und Kontemplation. Die aktuelle Situation führt uns eindringlich vor Augen, dass die Kulturlandschaft kein dekorativer Luxus ist, mit dem man sich nur in guten Zeiten schmückt, sondern kollektiver Kitt und ein unentbehrliches Korrektiv in der Krise. 

CHRISTOPHER LINDINGER beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit neuen Technologien, Innovationskulturen und Kooperationsformen für Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft. Er forschte in Chicago zu Supercomputer-Visualisierungen, entwickelte Software für NASA, NCSA und war Forschungsdirektor des Ars Electronica Futurelabs. Seit 2019 ist er JKU-Vizerektor für Innovation und Forscher*innen.

Von Christopher Lindinger
Im Gespräch Ausgabe 2/2020

Kultur in der Krise

Für die Kultur sind Krisen höchst dynamische Prozesse, Höhepunkte, an denen sich neue Wege auftun. Und – es gibt viel zu tun in Krisenzeiten. 

COVID-19 wirft Probleme und Fragen auf, die nicht neu sind. Das bedrohliche Virus wird mit einem Brennglas oder Röntgenstrahl verglichen, die soziale, politische, ökonomische Zusammenhänge sichtbar machen – COVID-19 vergrößert wie eine konvexe Sammellinse gesellschaftliche Ungleichheiten, Ausschlussformen und nationale Herrschaftsstrategien und legt diese auf radikale Weise bloß. 

Von der Möglichkeit der Veränderung sprechen die einen, von dem Wunsch, Normalität wiederherzustellen, die anderen. Doch welche Normalität? Prekariat, Ausbeutung, Demokratieverdruss, Ressourcenverschleiß und Klimawandel auf Kosten der anderen. Und Wohlstand, Gesundheit und Glück für manche. Es ist also eine Frage der Perspektive – der Blick auf blühende Landschaften mag den Blick auf Inseln aus Plastikmüll, Berge von Elektronikschrott, auf einstürzende Textilfabriken, Bildungs- und Geschlechterungerechtigkeiten, Krieg und Gewalt vergessen machen. Die Einhegung der Disziplinen mag die Errichtung von Parallelwelten erlauben. Es bedurfte bloß eines unsichtbaren Virus, um diesen Schein wie eine Seifenblase zerplatzen zu lassen.

COVID-19 hätte das postfaktische Zeitalter beendet, sagt die Wissenschaftshistorikerin Helga Nowotny. Die Wissenschaften waren bis vor kurzem weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen der politischen Aufmerksamkeit, da sie unter Umständen auch unangenehme Dinge zu verkünden hatten und haben. Kann nun aber der bange Blick auf die magischen Kurven von Krankheit und Tod allein das Verhältnis zu den Wissenschaften verändern? Die Wissenschaften brauchen Kritik und Differenz, um Perspektiven zu überprüfen, in Frage zu stellen, neue Sichtweisen einzunehmen und diese unter Umständen wieder zu verwerfen. In ihrer Praxis müssen sie frei sein, frei von kommerziellen oder politischen Interessen und diese Freiheit teilen sie mit Kunst und Kultur. Zu deren Strategien gehören Experiment, Überschuss und Interdisziplinarität – diese mit den Wissenschaften in Austausch und Widerstreit zu bringen ist genauso unentbehrlich wie die gesellschaftliche Kommunikation und die öffentliche Debatte darum.

Die Kraft der Kunst, sagt Christoph Menke, läge in der Möglichkeit, in der Freiheit – und Hannah Arendt würde ergänzen, in der Möglichkeit zu handeln. Das Vermögen zu handeln wäre dabei zu unterscheiden vom „Sich-Verhalten“. Gerade jetzt, wo es angezeigt ist, eine Reihe von Verhaltensregeln im Umgang miteinander zu beachten, um die Pandemie einzuschränken, dürfen wir nicht vergessen, was es heißt zu handeln, dürfen wir Regeln nicht mit Repressionen und Freiheit nicht mit Rücksichtslosigkeit verwechseln. Gerade jetzt kommt Kunst und Kultur die Aufgabe zu, Narrationen zu entwerfen, die uns eine diskursive, ästhetische Auseinandersetzung mit Fragen der Ethik, des Rechts, der Souveränität und des Subjekts auferlegt.

EVA MARIA STADLER ist Vizerektorin für Ausstellungen und Wissenstransfer an der Universität für angewandte Kunst Wien, darüber hinaus ist sie Professorin für Kunst und Wissenstransfer und Institutsvorständin am Institut für Kunst und Gesellschaft an der Universität für angewandte Kunst in Wien und arbeitet als Kuratorin für zeitgenössische Kunst.  

Von Eva Maria Stadler
Im Gespräch Ausgabe 1/2020

Von Pudel, Kunst und Wissenschaft

Wissenschaft und Kunst stellen zwei Seiten derselben Medaille dar, wenn es darum geht, der Realität hinter den Vorhang zu schauen. Oder wie es in Anlehnung an Goethes Faust im Manifest „Innovation durch Universitas“ heißt: des Pudels Kern zu ergründen. In diesem Manifest, das von den beiden Rektoren Meinhard Lukas und Gerald Bast in der letzten Ausgabe der Kepler Tribune veröff entlicht wurde, wird folgerichtig eine enge Kooperation zwischen WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen vorgeschlagen und dafür eine gemeinsame Sprache gefordert. Wir halten es aber für unzureichend, miteinander sprechen zu können. Denn wie alle HundehalterInnen wissen, lässt sich des Pudels Kern nicht beschreiben oder erklären, sondern nur gemeinsam erfahren. Kunst und Wissenschaft müssen daher einen Weg der Zusammenarbeit fi nden, wie diese Erfahrungen gemeinsam erlebt werden können. Wissenschaft und Kunst haben dabei einen natürlichen und ungemein kraftvollen gemeinsamen Dreh- und Angelpunkt, an dem es anzusetzen gilt: Emotionen.

Wir spüren unsere Gedanken und rationalisieren unsere Gefühle. Aus diesem Gemenge entstehen Emotionen. Ebenso wie Ideen teilen wir Emotionen mit unseren Mitmenschen und diese mit uns. Kunst entfaltet ihre Wirkung, wenn sie uns emotional berührt. Das gelingt durch Unmittelbarkeit. Auch wissenschaftliche Ergebnisse haben Impact, wenn sie uns emotional bewegen. Das gelingt mittelbar durch Glaubwürdigkeit der Methode und der ForscherInnen. Emotionen sind nicht nur wesentliche Motivation zu forschen und künstlerisch tätig zu sein, If ever there was a word that could encapsulate the idea of the ‘emperor’s new clothes’, it would be innovation. From its use as a rather mundane term in 13th century legal texts to describing vagabonds jailed for attempting to rewrite religious texts, innovation has certainly managed to punch above its weight ever since. After a shaky start, the term managed to replace invention during the latter half of the 20th century, becoming a global buzzword used to describe any form of change and creativity, irrespective of whether or not it was practised. What was once our word, has become ‘the word’. And that’s when things started going wrong. Together with Lee Vinsel, Andrew Russell penned: “Entire societies have come to talk about innovation as if it were an inherently desirable value, like love, fraternity, courage, beauty, dignity, or responsibility. Innovation-speak worships at the altar of change, but it rarely asks who benefi ts, to what end?” as part of their notable essay ‘Hail the Maintainers’ [Published in Aeon Magazine, 07th of April, 2016: Russell/Vinsel: Hail the Maintainers]. During the last decade at my own business leading a design company and speaking at numerous technology and business conferences, I have observed the hollow promise of innovation by organisations and businesses that consistently fail to deliver in practice. The other reason I am critical and wary of using the term ‘innovation’ is that it has become associated with a brazen desire for infi nite progress and unconstrained economic growth which, in a world of fi nite resources, no longer feels viable. Innovate, or move fast and break things, because the consequences will take care of themselves, has been the rallying cry in Silicon Valley. I wonder if this naive, wilful outcast sondern sie sind letztlich auch das Ergebnis dieser Bemühungen.

Begeisterung und Angst, Liebe und Verzweifl ung – Emotionen beeinfl ussen unsere Entscheidungen und unser Handeln. Kaum jemand denkt oder handelt anders, nur weil wissenschaftliche Fakten vorliegen, selbst wenn sie methodisch noch so sauber erarbeitet wurden. Ebenso wenig ändert sich, wenn technisch und konzeptionell herausragende Kunst geschaffen wird, die aber niemanden berührt. Der gemeinsame Schlüssel zur Wirksamkeit von Kunst und Wissenschaft sind Emotionen.

Für ein Ineinandergreifen von Wissenschaft und Kunst wird man sich also gegenseitig als InteraktionspartnerInnen begreifen müssen. In der Interaktion entstehen gemeinsame Emotionen und damit die Basis für einen gemeinsamen Blick hinter den Vorhang, der ForscherInnen und KünstlerInnen seit jeher fasziniert, an dem sie in Zukunft hoff entlich gemeinsam produktiv scheitern werden. Denn hinter jedem Vorhang erwartet uns wieder ein rätselhafter Pudel und ein weiterer Vorhang – Fortschritt also.  

Von Matthias Fink & Robert Breitenecker
Im Gespräch Ausgabe 1/2020

After Innovation, a Resurgence

If ever there was a word that could encapsulate the idea of the ‘emperor’s new clothes’, it would be innovation. From its use as a rather mundane term in 13th century legal texts to describing vagabonds jailed for attempting to rewrite religious texts, innovation has certainly managed to punch above its weight ever since. After a shaky start, the term managed to replace invention during the latter half of the 20th century, becoming a global buzzword used to describe any form of change and creativity, irrespective of whether or not it was practised. What was once our word, has become ‘the word’. And that’s when things started going wrong. Together with Lee Vinsel, Andrew Russell penned: “Entire societies have come to talk about innovation as if it were an inherently desirable value, like love, fraternity, courage, beauty, dignity, or responsibility. Innovation-speak worships at the altar of change, but it rarely asks who benefi ts, to what end?” as part of their notable essay ‘Hail the Maintainers’ [Published in Aeon Magazine, 07th of April, 2016: Russell/Vinsel: Hail the Maintainers].

During the last decade at my own business leading a design company and speaking at numerous technology and business conferences, I have observed the hollow promise of innovation by organisations and businesses that consistently fail to deliver in practice. The other reason I am critical and wary of using the term ‘innovation’ is that it has become associated with a brazen desire for infi nite progress and unconstrained economic growth which, in a world of fi nite resources, no longer feels viable. Innovate, or move fast and break things, because the consequences will take care of themselves, has been the rallying cry in Silicon Valley.

I wonder if this naive, wilful outcast has had its run? What other words could we use instead, and how would that change the way we view our fragile planet? Over the past few years, my own work has focused on climate change and during this process, I have encountered works by multispecies scholars such as Ann L. Tsing who propose new, creative, and endearing ways of living in a world of fi nite resources. I am particularly drawn to the word ‘resurgence’ – the idea of renewing, restoring and regenerating, pulling us away from the seductive delusion of endless growth and drawing us instead towards cyclical forms of nurturing, growing, dying, and renewing.

Tsing’s writings about resurgence in the context of multispecies interdependence is exceptionally urgent: “Disturbances, human and otherwise, knock out multispecies assemblages — yet liveable ecologies come back. After a forest fi re, seedlings sprout in the ashes, and, with time, another forest may grow up in the burn. The regrowing forest is an example of what I am calling resurgence. […] Resurgence is the work of many organisms, negotiating across diff erences, to forge assemblages of multispecies livability in the midst of disturbance. Humans cannot continue their livelihoods on resurgence is particularly obvious in considering hunting and gatherings: If animals and plants do not renew themselves, foragers lose their livelihoods. But, although both scholars and modern farmers are prone to forget this, such dependence is equally insistent for agriculturalists and keepers of animals — and thus, too, all those who live on their products. Farming is impossible without multispecies resurgence. [Tsing: A threat to holocene resurgence is a threat to livability; In: Brightman/Lewis (Eds.): The Anthropology of sustainability, p. 52, New York 2017]

I believe in embracing words and ideas that can help us move beyond our anthropocentric view of the world towards a deeper understanding of our interdependence with other species. This would be the most innovative thing we could do today. It is time for a collective resurgence.  

Von Anab Jain
Im Gespräch Ausgabe 1/2020

Somnium - Der Traum von Wissenschaft

Fate has ordained that the men who went to the moon to explore in peace will stay on the moon to rest in peace.” Diese Sätze musste US-Präsident Richard Nixon im Juli 1969 nicht sagen. Die Mondlandung gelang. Der Text verschwand in den Archiven. Es war nicht passiert, was Nixon im Ernstfall hätte sagen müssen. “These two men are laying down their lives in mankind’s most noble goal: the search for truth and understanding.”

Die Geschichte der Mondlandung ist die Geschichte eines Traums. Vielleicht eines der größten Träume der Menschheit: des Fliegens. Über Grenzen. Des Überwindens. Der Schwerkraft. Der Angst. Von alldem, was wir kennen und wissen. Die Reise ins Weltall ist die Reise ins Ungewisse. So wie die Enterprise in „Galaxien vordringt, die nie zuvor ein Mensch gesehen hat“, versucht jede Wissenschaftlerin oder jeder Wissenschaftler, Dinge zu erforschen, die noch nie zuvor ein Mensch gesehen, gemessen oder verstanden hat.

2024 will die NASA den nächsten bemannten Flug zum Mond machen. Bald darauf zum Mars fliegen. Bei einem Besuch im Kennedy Space Center sprach JKU Professor Oliver Brüggemann mit Captain Wendy Lawrence, viermalige Teilnehmerin an Shuttle-Missionen. „Für einen Raumfahrt-Fan wie mich war es ein eindrucksvolles und grandioses Erlebnis zuzuhören – wie sehr sich Astronautinnen und Astronauten auf ihrer Reise auf die Wissenschaft verlassen. Verlassen müssen. Wie Physik, Chemie und alle naturwissenschaftlichen Studien hier eingesetzt werden, um einen Traum wahr werden zu lassen, um Menschen gesund zurückzubringen. Um Raumfahrt erst möglich zu machen.“

“We choose to go to the Moon in this decade and do the other things, not because they are easy, but because they are hard”, träumte John F. Kennedy 1962, “because that goal will serve to organize and measure the best of our energies and skills, because that challenge is one that we are willing to accept, one we are unwilling to postpone, and one we intend to win.” Der Sieg der Reise zum Mond war ein Sieg der Wissenschaft. Und auch für jeden weiteren Schritt wird es Triumphe in der Wissenschaft brauchen.

Die Wissenschaft, darüber kann es keine zwei Meinungen geben, ist eine aufregende Sache. In jeder Ausgabe widmen wir ihr deshalb die letzten Zeilen. Dieses Mal haben wir gemeinsam mit Prof. Oliver Brüggemann vom Institut für Chemie der Polymere über Raumfahrt nachgedacht.  

Von Oliver Brüggemann
Der Google Sicherheitschef Gerhard Eschelbeck im Porträt
Im Gespräch Ausgabe 3/2018

Mr. Security und die JKU

Gerhard Eschelbeck, Sicherheitschef von Google und JKU-Absolvent, im Interview.

Von ULRIKE RUBASCH
Im Gespräch Ausgabe 2/2018

„Meine Eltern retteten mir das Leben“

DIE KEPLER TRIBUNE hat die Holocaust-Überlebende Joanna Sobolewska-Pyz, über deren trauriges Schicksal eine Ausstellung an der JKU erzählte, zum Interview getrofen.

Von Sandra Chociwski
Die Holocaust-Überlebende Joanna Sobolewska-Pyz
Klaus von Klitzing, Armando Rastelli, Alfons Krieglsteiner und Meinhard Lukas im Gespräch
Im Gespräch Ausgabe 1/2018

Der konstante Nobelpreisträger

Die „Kepler Tribune“ hat Physik-Nobelpreisträger Klaus von Klitzing (74) und JKU-Professor Armando Rastelli (43), Leiter der Abteilung für Halbleiterphysik, gemeinsam zum Interview getroffen.

Von ALFONS KRIEGLSTEINER