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Wie offen sind „offene“ Online-Gemeinschaften? - Artikel in Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie erschienen.

“Wie offen sind ‘offene’ Online-Gemeinschaften?” fragen Laura Dobusch, Mitarbeiterin am Sustainable Transformation Management Lab, und Leonhard Dobusch, Universität Innsbruck, in ihrem kürzlich erschienen und open access verfügbaren Artikel in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie.

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Dabei steht die Frage im Vordergrund inwiefern als „offen“ beschriebene Plattformen bzw. Online-Communities auch tatsächlich offen – zugänglich – für bestimmte Gruppen sind. So zeigt sich auch in als dezidiert offen markierten Online-Gemeinschaften, wie im Bereich der Open-Source-Software oder im Kontext der Online-Enzyklopädie Wikipedia, ein Mangel an Diversität hinsichtlich der Beitragenden wie auch der Beiträge.

Kommerzielle Plattformen wie Facebook, Twitter oder YouTube sind, verglichen mit traditionellen Medien, offen, weil sie Filterlogiken traditioneller Medien zumindest partiell umkehren. Sie ermöglichen verschiedenen Formen von Gemeinschaftsbildung. Manche dieser Gemeinschaften setzen bewusst auf Exklusivität (z.B. geschlossene FB-Gruppen), andere setzen auf mehr oder weniger stark offenheitsorientierte Zugangsregeln, verschreiben sich also einer Offenheitsprogrammatik (z.B. im Kontext von Open Source, Open Strategy oder Open Data).

Offenheitsprogrammatik verspricht Vorteile dank größerer Offenheit, z.B. mehr “Eyeballs” bei der Suche nach Softwarefehlern, mehr Ideen und Wissen in Innovationsprozessen, mehr Transparenz und Verantwortlichkeit bei staatlichem Handeln. Aber: gerade das Banner von Offenheit führt dazu, dass Ausschlüsse trotz (oder sogar wegen) Offenheitsprogrammatik kaum Thema sind. Am meisten noch bei Open Government (z.B. Kornberger et al., 2017, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster) oder im Fall der Wikipedia (z.B. Dobusch et al., 2019, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster), die mit gewissen Repräsentativitäts- bzw. Neutralitätslogiken einhergehen.

Um Schließungen im Kontext von als offen markierten Online-Communities zu untersuchen, nehmen wir konkrete Inklusions- und Exklusionsweisen in den Blick und identifizieren drei Typen von Offenheit-Geschlossenheit-Konfigurationen, die wir jeweils mit Beispielen illustrieren.

1. Schließung wegen Öffnung: Historisch z.B. hat das seit 1766 (!) in Schweden geltende “Offentlichetsprincipen” (schwedisch) zu mündlicher Entscheidungskultur mit minimaler Schriftlichkeit geführt. (“Jedes Schriftl ein Giftl”).

2. Schließung trotz Öffnung: Trotz niedrigschwelliger Inklusionsmodi (“anyone can edit”) kämpft z.B. Wikipedia mit einem anhaltenden Mangel an Diversität unter den Beitragenden, der auch Folgen für Inhalte der Online-Enzyklopädie hat.

3. Öffnung durch Schließung: Offenheitsideale – wie z.B. möglichst viele themenbezogene Beiträge – gerade durch rigiden Ausschluss bestimmter Inhalte und Kommunikationsverhalten zu verfolgen, illustriert am Beispiel eines Unterforums (r/relationships, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster) der Plattform Reddit, ein sogenannter Social-News-Aggregator auf dem Inhalte zu unterschiedlichen Themen wie Politik, Serien oder Sport geteilt und besprochen werden können.  

Im Ergebnis betonen wir die Ambivalenz von Schließungen gerade im Kontext von Gemeinschaften mit Offenheitsprogrammatik: Schließungen können dazu dienen, Offenheitsideale (un)bewusst zu unterlaufen ebenso wie diese zu ermöglichen. Daraus folgt eine Abkehr von der Annahme einer generalisierbaren Offenheit an sich, hin zu spezifischer Offenheit, die mit bestimmten Schließungen einhergeht oder auf diese sogar angewiesen ist.

Der Beitrag erscheint im KZfSS-Sonderheft „Internet, Big Data und digitale Plattformen: Politische Ökonomie – Kommunikation – Regulierung“, herausgegebenen und mit einer Einleitung von Ulrich Dolata und Jan-Felix Schrape, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.