Zur JKU Startseite
LIT Open Innovation Center
Was ist das?

Institute, Schools und andere Einrichtungen oder Angebote haben einen Webauftritt mit eigenen Inhalten und Menüs.

Um die Navigation zu erleichtern, ist hier erkennbar, wo man sich gerade befindet.

LIT OIC: Start-up-Kooperationen als Digitalisierungsturbo für die Industrie

Als Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation gilt die Zusammenarbeit zwischen dem Landtechnik-Hersteller Pöttinger und dem JKU-Start-up FiveSquare, die beide aktive Mitglieder im LIT Open Innovation Center sind.

Fivesquare und Pöttinger
Von links nach rechts: Petra Muschitz (OIC), Hans-Peter Pichler (CEO FiveSquare), Lisa Wöss (Pöttinger) und fürs Foto vorbeigeschaut - Patrick Haidinger (CEO FiveSquare)

Bereits vor einigen Jahren haben etablierte Großunternehmen Kooperationen mit Start-ups als eine wesentliche Innovationsquelle zur Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells entdeckt.Das Start-up bietet digitale Lösungen mit Spezialisierung auf Data-Science, KI und Deep-Learning sowie die Erarbeitung dazugehöriger disruptiver Geschäftsmodelle.

Petra Muschitz, Event- und Projektmanagerin im OIC, trifft Hans-Peter Pichler (FiveSquare) und Lisa Wöss (Pöttinger) zum Gespräch.

Petra Muschitz (LIT Open Innovation Center): FiveSquare, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster als junges Start-up und Pöttinger, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster als erfolgreiches Industrieunternehmen sind zwei sehr unterschiedliche Partner*innen. Wie schafft man es, dass eine solche Kooperation von Beginn an, auf soliden Beinen steht?

Hans-Peter Pichler (FiveSquare): Die Voraussetzungen dafür waren sehr gut, weil alle unsere Ansprechpartner*innen sehr kooperativ bzw. innovativ waren und eine offene Firmenkultur bzgl. neuer Themen gelebt wird - wir waren sozusagen auf Augenhöhe. Insbesondere aber das Innovationsteam bei Pöttinger ist sehr gut aufgestellt und schon bewandt mit Open Innovation und neuen Technologien. Ihr (an Lisa gewandt) habt einfach bereits ein gutes Fundament gelegt, damit dieser Prozess sich entwickeln konnte.

Lisa Wöss (Pöttinger): Genau. Pöttinger blickt auf 150 Jahre Geschichte im Maschinenbau zurück. Wenn dann zwei junge Burschen kommen, die vom nächsten großen Ding sprechen, wird das vorerst skeptisch aufgenommen. Der Transformationsprozess zu einem digitalen Unternehmen mit unserer Geschichte als Maschinenbauer ist eine große Challenge für uns. Aber, ich denke, wir haben dafür ein gutes Setting gefunden. Außerdem besitzt seitens Pöttinger niemand diese spezifische Expertise. Somit gab es von Beginn an keinen internen Konflikt. Das Thema Start-ups bearbeiten wir schon seit fünf Jahren intensiv. Deswegen ist das Mindset gegenüber der Zusammenarbeit mit Start-ups schon ein anderes. Das sind ernsthafte Unternehmer die, genauso wie Pöttinger, das Ziel haben erfolgreich zu sein.

Petra: Welche Anforderungen gab es an die Digitalisierungsstrategie für euch als traditionelles Unternehmen aus dem Agrarsektor?

Lisa: Nicht nur im Agrarsektor, sondern insgesamt für den Maschinenbau ist es ein großes Thema, den Kundennutzen bei digitalen Neuerungen zu finden. Wir kennen unsere Kunden gut, aber sie und auch deren Struktur verändern sich. Neue Generationen werden zu unseren Kunden und haben andere Anforderungen, sind mit einem Smartphone groß geworden oder genossen eine andere Ausbildung, in der digitale Tools eine Rolle spielen. Als Sideeffect davon, wurden bei uns die jungen Wilden ans Ruder gelassen und wir haben versucht das Thema der Digital-Strategie Bottom Up anzugehen.

Petra: Sehr cool. Das ist auch nicht alltäglich für ein Traditionsunternehmen auf ein Bottom Up Prinzip zu setzten.

Lisa: Ja, in diesem Fall ist es glaube ich eine große Chance, weil es ein Thema ist, das diese Generation mehr betrifft als jene, die aktuell die Entscheider sind - ehrlicher weise.

Petra: Wir befinden uns auf dem Uni-Campus, daher auch meine nächste Frage: Welche Rolle hat in diesem Kontext die JKU gespielt?

Hans-Peter: Die JKU spielte eine wichtige Rolle, in welcher der Prozess zur Digitalstrategie wissenschaftlich sowie methodisch fundiert begleitet wurde. Somit konnten wir ein solides Fundament zur Erarbeitung transformativer Themenstellungen bauen.

Lisa: Hier ist noch hinzuzufügen, dass die Einbindung der Universität für manche Kolleg*innen dazu beigetragen hat, das Vertrauen in die Digitalisierungsstrategie weiter zu stärken.

Petra: Habt ihr Tipps für Unternehmen, die mit Start-ups kooperieren wollen und umgekehrt?

Lisa: Unser wichtigster Tipp ist definitiv, dass man sich aufeinander einlässt, öffnet und im Kernteam immer gut abgestimmt ist. Zudem waren Hans-Peter und Patrick sehr präsent im Unternehmen. So konnte sich jeder selbst ein Bild von den beiden machen und umgekehrt. Oft ist es von Vorteil, wenn man als externer Partner ins Unternehmen kommt. Das schafft Möglichkeiten für andere Fragen, eine neue Herangehensweise an bestimmte Themen und damit ein anderes Setting.

Hans-Peter: Als externe Person hat man viele Möglichkeiten in ein Unternehmen einzutauchen und neue Themen offen anzusprechen. Wir haben in den letzten Jahren viel Erfahrung gesammelt, wie ein Großunternehmen, ein Konzern aufgebaut ist und wie Prozesse dort ablaufen. Eine falsche Erwartungshaltung an die Zusammenarbeit ist meiner Meinung nach der Hauptknackpunkt bei vielen Start-ups. Auch Hartnäckigkeit ist ein Thema. Angelegenheiten verlieren sich schnell und da muss man einfach dranbleiben. Ich denke, dass ist sowieso der wichtigste Tipp an die große Start-up-Welt: Nicht aufgeben.

Petra: Was bedeutet Digitalisierung für Pöttinger im Agrarsektor? Und wie können wir uns Pöttinger nach der vollständigen Implementierung der Strategie vorstellen?

Lisa: Die Digitalisierung ist kein Projekt, sondern ein Prozess, der uns die nächsten paar Jahre noch begleiten wird. Im Agrarsektor ist das definitiv eine der größten Herausforderungen. Bei uns liegt der Fokus darauf, das beste Arbeitsergebnis und somit einen Zusatznutzen für den Kunden zu schaffen zum Beispiel durch Automatisierung und autonomes Arbeiten.

Auf der einen Seite gibt es im landwirtschaftlichen Sektor viele Einflussfaktoren wie den Arbeitskräftemangel. Auf der anderen Seite werden die Maschinen immer komplexer. Effizienzsteigerung und Ressourcenoptimierung ist in diesem Kontext ein wichtiger Bereich. Auch die Nachverfolgbarkeit von Lebensmitteln von der Erzeugung bis zum Konsumenten lässt sich durch digitale Technologien besser bewerkstelligen.

Petra: Mit welchem Fokus sind FiveSquare und Pöttinger in dieses Projekt, oder wie wir jetzt wissen in den Prozess gestartet?

Hans-Peter: Das ist genau der Punkt. Digitalisierung ist nicht bloß ein Projekt, sondern ein Prozess, der kontinuierlich weiterentwickelt werden muss. Außerdem ist es wichtig die Menschen mit auf die Reise zu nehmen und Vertrauen zu schaffen. Daher haben wir uns im Zuge des Strategieprozesses viel mehr damit beschäftigt, welche Möglichkeiten der Digitalisierung Pöttinger langfristig erfolgreich machen. Im Mittelpunkt steht der Mensch, der Mensch in Form eines Kunden, eines Mitarbeiters, eines Partners, eines Lieferanten. Es gilt ebenfalls die Themenstellungen der Datenökonomie, digitale Plattformen, künstlicher Intelligenz und deren Einordnung in Hinblick auf deren Relevanz für die Agrarwirtschaft zu bearbeiten.

Lisa: In der aktuellen Projektphase liegt der Fokus jedoch klar beim Wissenstransfer. Durch diese Öffnung, also durch Open Innovation, drum sind wir ja im OIC, Leute einfach mitnehmen und begeistern für neue Technologien. Das ist ein harter Weg für einen etablierten Maschinenbauer, aber man spürt in den letzten Wochen und Monaten ein Umdenken. Nach unserem kürzlichen Wissenstransfer bekamen wir Rückmeldungen wie: „Super, dass ich Teil davon sein kann, ich will meinen Beitrag leisten.“ Mit diesem Engagement haben wir eine große Hürde gemeistert. Produkte, Dienstleistungen und Services kommen im weiteren Schritt fast von selbst.

Petra: Dann komme ich jetzt zur letzten Frage an dich Hans-Peter: Welche Potentiale seht ihr als Startup (FiveSquare) noch in der Digitalisierung von Industrieunternehmen?

Hans-Peter: Der klassische Ansatz der Digitalisierung bedeutet Effizienzsteigerung im Unternehmen. Dazu haben wir jetzt Unmengen an neuen Werkzeugen (z.B. KI), die viel dazu beitragen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind damit aber längst nicht ausgeschöpft: gerade der klassische Industriebetrieb in OÖ reduziert sich oft auf die reine Produktion von Rohstoffen oder Maschinen, es wird kaum an die zusätzliche Wertschöpfung gedacht, die über digitale Produkte und Dienstleistungen generiert werden kann: Plattformökonomie und Datenökonomie bieten hier zahlreiche Chancen zur Generierung neuer Umsätze oder zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle – auch für traditionelle Unternehmen.

Petra: Vielen Dank euch beiden für das spannende Interview und eine weiterhin erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierungsstrategie.

-> Mehr zu Start-ups im LIT Open Innovation Center!