Die neuen Gesichter der TNF

Prof. Tobias Kramer ist Experte für die kleinsten Dinge. An der JKU baut er derzeit eine Abteilung für Quantendynamik auf und ist Kometen auf der Spur.

Professor Tobias Kramer
Professor Tobias Kramer

In welchem Bereich forschen Sie?
Prof. Tobias Kramer: Mein Gebiet ist die Theoretische Physik.

Was begeistert Sie an diesem Bereich?
Prof. Tobias Kramer: Mich fasziniert der Übergang zwischen klassischer und quantenmechanischer Dynamik und der universelle Charakter der zugrunde liegenden mathematischen Strukturen. So können unsere Berechnungsmethoden zur Elektronenausbreitung in kleinsten Halbleiterstrukturen auch auf die Tsunamiwellen in Ozeanen, die Bildung von Kometenschweifen im Sonnensystem und die Verteilung der Materie im Kosmos angewandt werden.

Warum haben Sie sich für die JKU entschieden?
Prof. Tobias Kramer: Ich freue mich darauf, an der JKU die neue Abteilung für Quantendynamik und klassische Dynamik aufzubauen. Bei früheren Besuchen an der JKU gab es immer interessante und inspirierende wissenschaftliche Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen im Fachbereich. Und nicht zuletzt übt die Verbundenheit der Universität und der Stadt Linz mit Johannes Kepler eine große Anziehung aus.

Wofür ist diese Forschung überhaupt notwendig bzw. wie verbessert sie unser Leben?
Prof. Tobias Kramer: Von der Theorie bis zur praktischen Anwendung kann es schon mal einige Zeit dauern, wobei im Experiment viele grundlegende Effekte sehr früh meßbar werden. Zum Verständnis und genauen Analyse braucht es die theoretische Physik mit präzisen Berechnungen und skalierbaren Algorithmen. Ein Beispiel ist die Anwendung der Quantendynamik auf zukünftige Quantencomputer oder unsere Nutzung der enormen Rechenleistung von Grafikkarten für die Modellierung des Energietransfers in der Photosynthese.

Warum sollten sich Studierende Sie als Lehrenden wünschen?
Prof. Tobias Kramer: Ich habe mir als Student immer Lehrende gewünscht, die einerseits gut erklären können, andererseits aber auch Einblicke und Verbindungen zur aktuellen Forschung und neuen Methoden schaffen und so zum selber Nachforschen anregen. Ich hoffe der Funke springt an die wißbegierigen Studierenden über und wir gehen gemeinsam von Linz aus auf physikalische Entdeckungsreise.

An welchem Projekt arbeiten Sie momentan konkret?
Prof. Tobias Kramer: Momentan beschäftigt mich die Frage, wie die Bahnabweichung des Kometen Tschurjumow-Gerassimenko Schlüsse auf die ausgestoßene Wassermenge zuläßt. Dazu analysieren wir Meßdaten der Rosetta Mission und berechnen die Kometenbahn inklusive relativistischer Abweichungen auf wenige Kilometer genau.

Welche Hobbys haben Sie?
Prof. Tobias Kramer: Neben der Astronomie mit Stern- und Sonnenteleskop erkunde ich gerne die Natur und Kultur ringsherum. Dabei freue ich mich sehr auf das reichhaltige Linzer Kunst- und Musikprogramm

Was wollen Sie in Ihrem Leben unbedingt noch machen oder erreichen?
Prof. Tobias Kramer: Was in der Forschung kommt, weiß man zum Glück nie im Vorhinein. Gerne würde ich einmal eine wirklich klare Sternennacht erleben.

Zur Person

Tobias Kramer studierte Physik an der Universität Tübingen, University of Colorado at Boulder und an der TU München. Dort promovierte er 2003 zur Theorie der Materiewellenausbreitung. Anschließend forschte er an der UNAM in Mexiko Stadt und an der Harvard University, USA. Mit seiner Arbeitsgruppe an der Universität Regensburg berechnete er mittels Grafikkarten die Dynamik nach Lichtanregung in fotosynthetischen Molekülen und die Ausbreitung von Elektronen in Halbleitern. Seine Forschung zur Quantendynamik in Berlin und den USA hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft in ihrem Heisenberg Programm gefördert. Vor seinem Ruf an die JKU leitete er am Zuse Institut Berlin eine Arbeitsgruppe im Bereich Supercomputing zur Dynamik in komplexen Materialien.