Insekten als Vorbild für mikrostrukturierte Oberflächen

ForscherInnen der Johannes Kepler Universität Linz haben eine Oberfläche entwickelt, auf der sich Flüssigkeiten nur in eine bestimmte Richtung ausbreiten - inspiriert durch Oberflächen-Strukturen auf dem Rücken von Rindenwanzen. Ihre Ergebnisse haben die WissenschaftlerInnen nun im Fachjournal „Royal Society Open Science“ vorgestellt.

Dysodiuslunatus Foto honorarfrei

Viele Menschen kennen es aus eigener Erfahrung: Bei Gefahr sondern Wanzen eine stinkende, ölige Flüssigkeit ab. Die Drüse, die das ekelhafte Sekret erzeugt, befindet sich bei manchen Arten, so z.B. Dysodius lunatus, im hinteren Teil des Rückens unter den Flügeln des Insekts. Abgegeben wird es jedoch über winzige, fächerförmige Bereiche am Flügelansatz. Wie das Sekret dort eigentlich hingelangt, war bisher unklar.

Bei genauerer Betrachtung unter dem Elektronenmikroskop fand die von Univ.-Prof. Johannes Heitz (Institut für Angewandte Physik der JKU) mit Univ.-Prof. Werner Baumgartner (Institut für Medizin- und Biomechatronik der JKU) geleitete ForscherInnengruppe auf dem Rücken der Tiere unter den Flügeln Strukturen, die für den Transport der Flüssigkeit verantwortlich sein könnten. Die winzigen, tröpfchenförmigen Erhebungen sind weniger als einen hundertstel Millimeter groß und weisen alle in die gleiche Richtung – entlang des Weges, den die Flüssigkeit zurücklegen muss.

Methoden wie beim Zahnarzt
Um die Vermutung zu bestätigen, dass es sich dabei um eine Art Transportmechanismus handelt, haben die ForscherInnen die Struktur im Labor nachgebaut. Dazu benutzten sie einen 3D-Laserdrucker, mit dessen Hilfe ein flüssiges Polymer gezielt Punkt für Punkt ausgehärtet werden kann. „Das funktioniert ähnlich wie bei Zahnfüllungen“, erklärt Heitz. „Nur dass wir anstelle eine UV-Lampe einen fokussierten Laserstrahl benutzen. So können wir nahezu jede beliebige Form mit hoher Präzision herstellen.“ Als Unterlage für die Tröpfchenstruktur benutzten die ForscherInnen ein herkömmliches Glasplättchen. Setzt man nun einen Tropfen einer öligen Flüssigkeit auf die Oberfläche, so passiert zunächst einmal nichts Außergewöhnliches. Der Prozess kommt erst in Gang, wenn ein zweites Glasplättchen als Deckel auf das erste gelegt wird und den Öltropfen einsperrt: Die Flüssigkeit breitet sich nun bevorzugt in eine Richtung aus. Das entspricht in etwa den Vorgängen auf der Wanze, wo das Sekret ebenfalls zwischen dem strukturierten Rücken und den Flügeln eingesperrt ist.

„Auch wenn es sich bei der Studie um reine Grundlagenforschung handelt, könnte die neue Oberflächenstruktur in Zukunft durchaus Anwendung in der Technik finden – etwa für die gezielte Verteilung von Schmiermitteln in mechanischen Bauteilen“, so Univ.-Prof. Werner Baumgartner. Da der Effekt stark von den physikalischen Eigenschaften der Flüssigkeit abhängt, wäre es auch denkbar, derartige Oberflächen für die Trennung eines Gemisches – zum Beispiel Öl und Wasser - einzusetzen.