JKU setzt Zeichen gegen Massentierhaltung

Einzigartiges Projekt mit den österreichischen Mensen zur Umstellung auf biologische oder regionale Produkte.

v.l.: JKU-Rektor Meinhard Lukas, Bio-Pionier Werner Lampert, JKU-Mensa-Küchenleiter Georg Felgenhauer, Mensen-Geschäftsführer Franz Haslauer
v.l.: JKU-Rektor Meinhard Lukas, Bio-Pionier Werner Lampert, JKU-Mensa-Küchenleiter Georg Felgenhauer, Mensen-Geschäftsführer Franz Haslauer

Die Österreichische Mensen GmbH startete im Mai 2019 an der Johannes Kepler Universität Linz ein bemerkenswertes Projekt. Auf Initiative von JKU-Rektor Meinhard Lukas stellt sie in Linz sukzessive die gesamte Verpflegung auf biologische oder regionale Produkte um, um damit auch bewusst ein Zeichen gegen Massentierhaltung und für mehr Nachhaltigkeit zu setzen. Werner Lampert, Bio-Pionier aus Österreich, begleitet die österreichischen Mensen dabei als externer Berater. Als öffentliche Einrichtung hat die JKU eine Vorbildfunktion und nimmt mit dieser Umstellung ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr.

Mit einem nachhaltigen Lebensmittelkonzept für den Einkauf startet die Johannes Kepler Universität Linz mit der Österreichischen Mensen Betriebs G.m.b.H eine noch nie dagewesen Maßnahme, die nicht nur dem Trend entspricht, sondern gesellschaftspolitisch relevant ist: Die Umstellung der Mensa an der JKU Linz auf biologische Produkte. Diese Entscheidung verbindet wichtige Themen wie Tierschutz, Umweltschutz, regionale Landentwicklung und Gesundheit.

Die tägliche Bio- und Nachhaltigkeitsentscheidung am Teller
Werner Lampert und sein Team wurden von den Österr. Mensen eingeladen, ein Konzept zu entwickeln, wie man eine österreichische Großgastronomie auf eine nachhaltige Lebensmittelqualität umstellen kann. Den Beginn macht die Umstellung des gesamten Speiseplans auf Bio-Fleischqualität seit Mitte Mai 2019. „Die Entscheidung, welches Nahrungsmittel heute auf unseren Tellern landet, ist eine politische Entscheidung. Jeder von uns kann tagtäglich mit jeder Mahlzeit aufs Neue beeinflussen, in welcher Welt wir leben. Lebensmittel haben ein unmittelbare Auswirkung auf die Umwelt, auf die Menschen und Tiere und natürlich auf jedem seine eigene Gesundheit“, sagt Lampert.

Der Grundstein dieser Auswirkungen ist die Landwirtschaft, aus der unsere Lebensmittel stammen. Die Art der Landwirtschaft beeinflusst maßgeblich das Klima, die Umwelt, den globalen Wasser- und Landverbrauch, Armut und Reichtum, sowie die Gesundheit und den Welthunger. Bald werden 10 Milliarden Menschen auf unserem Planeten leben. Wie halten wir die ökologischen Grenzen unseres Planeten ein und versuchen gleichzeitig die Grundbedürfnisse der 10 Milliarden Menschen zu befriedigen? Das wird zu den größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte gehören, die nur durch ein radikales Umdenken und verantwortungsvolles Handeln gemeistert werden kann.

Von Beginn an richtet sich die biologische Landwirtschaft nach dem Prinzip der Verantwortung. Das bedeutet heute vor allem zu bremsen, zu schützen, zu bewahren und so eine negative Entwicklung zu verhindern. In der biologischen Landwirtschaft arbeitet man nach dem Prinzip der „guten landwirtschaftlichen Praxis“: Kulturen werden nicht mit Kunstdünger betrieben, Obst und Gemüse wird Zeit gegeben, um zu reifen, Kühe werden nicht mit hohen Proteingaben zu Höchstleistungen gezwungen. Biologische Lebensmittelproduktion heißt immer mit der Natur und nicht gegen die Natur zu arbeiten. Es geht nicht um einem momentanen Vorteil, sondern um ein Generationen-Miteinander und um ein standortbezogenes Wissen, das an folgende Generationen weitergegeben wird. „Wir in Österreich sind in einer privilegierten Situation: Jeder fünfte landwirtschaftliche Betrieb ist Bio. Jeder vierte Hektar landwirtschaftlicher Grund wird biologisch bearbeitet. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, auf 75 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche werden chemisch-synthetische Spritzmittel und Dünger eingesetzt. Und das geht uns alle an“, sagt Lampert.

40 Prozent der Insekten sind akut vom Aussterben bedroht, 75 Prozent der Nutzpflanzen sind auf Bestäubung durch Insekten angewiesen. Global gesehen stehen 50 bis 90 Prozent der Arten vor dem Auslöschen. Die Ursachen dafür sind der Verlust der Diversifizierung in der Landwirtschaft, zu große Flächen mit viel zu wenig Fruchtwechsel. 35 Prozent der Böden in der europäischen Landwirtschaft zeigen grobe Verdichtungen und ein stark gestörtes Bodenleben. Das muss durch energieintensiven Industriedünger kompensiert werden. Ein Kreislauf, aus dem es scheinbar kein Entkommen mehr gibt. Am Ende wird der Verlust der Bodenfruchtbarkeit und der Biodiversität stehen.

„Heute ist die Landwirtschaft der größte Artenzerstörer, der größte Treibhausgas-Emittent – mit den Landnutzungsänderungen sind es um die 34 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emmissionen. Für die Lebensmittelproduktion vernichten wir systematisch die Umwelt und schmälern die Überlebenschancen künftiger Generationen. Trotz aller Aufwände, aller Chemie, aller Innovationen, wird die konventionelle Landwirtschaft künftige Generationen nicht mehr ernähren können“, sagt Lampert.

Biologische Landwirtschaft ist KEINE heile Welt, aber auf dem richtigen Weg
Sie erzeugt Lebensmittel ohne Industriedünger, ohne chemisch-synthetische Hilfsmittel. Sie achtet und fördert die Vielfalt von Pflanzen und Tieren. Sie arbeitet ständig am Erhalt der Bodenfruchtbarkeit durch den Aufbau von Humus und vernünftige Fruchtfolge. Und der Verzicht von Massentierhaltung schafft ein produktives, respektvolles Verhältnis von Mensch und Tier.

Gerade die Tierhaltung und der Fleischkonsum in der westlichen Welt sind ganz wichtige und wesentliche Faktoren, der rasch verändert werden müssen. Die globale Fleischproduktion hat sich in den letzten 50 Jahren fast vervierfacht (1965: 84 Mio. Tonnen, 2017: 330 Mio. Tonnen). Vom ehemals grasfressendem Tier wurde das tierische Lebewesen zur Produktionseinheit: Möglichst schnell wachsend, auf engem Raum und mit extra dafür angebautem Kraftfutter (Getreide, Soja), um Wachstum und/oder Milchleistung künstlich zu steigern. Diese Form der Massentierhaltung, egal ob für Rind, Huhn oder Schwein, hat Auswirkungen auf Umwelt, Mensch und Tier.

Österreich ist in der EU Spitzenreiter im Fleischkonsum (Böll Stiftung 2015): 106,4 kg Schlachtgewicht Fleisch kommen pro Jahr auf einen Einwohner. Die Reduktion des Fleischkonsums würde die negativen Auswirkungen der Ernährung auf das Weltklima drastisch reduzieren. „Das heißt aber nicht, dass alle vegan leben müssen. Aber den Konsum tierischer Lebensmittel müssen wir reduzieren und vor allem ist es wichtig darauf zu achten, welches Fleisch, also aus welcher Produktion, wir essen“, sagt Lampert. Nur mit der Abschaffung von Massentierhaltung und einem verringerten Fleischkonsum kann dieser Wahnsinn beendet werden. Wiederkäuer werden wieder auf der Weide gehalten, anstatt in Ställen. Alle Nutztiere dürfen wieder ins Freie und das Sonnenlicht sehen, dürfen sich frei bewegen und sind nicht in Käfigen eingepfercht. Eine nachhaltige Tierhaltung ist nicht nur klimafreundlich, sondern auch ethisch wertvoll. Und sie ist auch regional authentisch.

Eine konsequente biologische und authentisch regionale Landwirtschaft bedeutet das Ende der Massentierhaltung und der unwürdigen Behandlung von Nutztieren. Es bedeutet aber auch über das Thema Tierhaltung hinaus, dass die Landwirtschaft ein Naturraum ist, mit Brachflächen, Hecken, Bächen und anderen natürlichen Strukturen zur Bewahrung der Biodiversität. Es bedeutet den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide, wodurch sich die Insektenpopulation wieder erholen und sich das natürliche Gleichgewicht der Ökosysteme wieder herstellen können. Es bedeutet den Verzicht auf Mineraldünger, und dass wir wieder auf unsere Böden achten, also alle Maßnahmen ergreifen müssten, um Erosion und Verlust an organischer Substanz zu verhindern. „Ökologisch nachhaltig handeln bedeutet, unsere Natur und natürlichen Ressourcen für künftige Generationen zu erhalten. Das betrifft viele Bereiche: Klimaschutz, Emissionen und Wasserverbrauch, Erhaltung der Artenvielfalt, Pflege von Kultur- und Landschaftsräumen sowie den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen“, gibt Lampert zu Bedenken.

Langjährige Expertise in Nachhaltigkeit – jetzt erstmals in einem großen Gastronomieprojekt
Mit Hilfe der langjährigen Expertise der Werner Lampert Beratungsgesellschaft m.b.H. konnte ein Projekt mit ganz speziellen Besonderheiten – von der Landwirtschaft bis zur Schlachtung – verwirklicht werden. Das betrifft die Qualitätsanforderungen im Bereich der Tierhaltung, genauso wie die Herkunft der Futtermittel, als auch die hohen Standards für Tiergesundheit bis hin zur Schlachtung. „Mit diesem Projekt setzen die JKU und die ÖMBG einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung: Bewusster Konsum von Fleisch, nachhaltige biologisch produzierte Lebensmittel für die Gesundheit und Zukunft von Mensch, Tier und Umwelt“, sagt Lampert.

Zeichen für nachhaltige Ernährung und gegen Massentierhaltung
Die Österreichische Mensen Betriebsgesellschaft m.b.H. startete mit Mai 2019 gemeinsam mit der Johannes Kepler Universität Linz ein bemerkenswertes Projekt. Auf Initiative von JKU-Rektor Meinhard Lukas stellt sie in Linz die Verpflegung weitestgehend auf biologische und regionale Produkte ohne Preiserhöhung um. Der erste Schritt erfolgte Mitte Mai mit der durchgängigen Umstellung auf Fleisch, Wurst und Geflügel, das ausschließlich aus biologischer Landwirtschaft kommt. Ziel ist, im Laufe der Zeit auch alle anderen Lebensmittel aus regionaler bzw. biologischer Produktion zu beziehen.

Eine Universität ist ein Ort des Wissens, der Bildung und der Ausbildung – die Verantwortung einer Universität hört aber nicht mit einem öffentlichen Bildungsauftrag auf, sie geht weit darüber hinaus. Eine Universität hat politische, soziale und ökologische Verantwortung wahrzunehmen. Sei es für MitarbeiterInnen und Studierende in all ihrer Vielfalt offen zu stehen, einkommensschwächeren Studierenden ein Hochschulstudium zu ermöglichen und ökologische Verantwortung wahrzunehmen. Daher startete die JKU Mensa ein zukunftsweisendes Projekt und setzt damit ein Ausrufezeichen vor dem Hintergrund ökologischer Verantwortung und gleichzeitig ein Zeichen gegen Massentierhaltung: „Zum einen verdienen sich unsere MitarbeiterInnen ein möglichst bekömmliches und gesundes Mittagessen. Zum anderen wollen wir ein Zeichen für nachhaltige Ernährung und gegen Massentierhaltung setzen. Immerhin geht es bei uns um 1.300 bis 1.500 Essen täglich. Die JKU konzentriert sich in Lehre und Forschung auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Wollen wir dabei glaubwürdig sein, müssen wir auch auf unser Alltagsverhalten am Campus achten“, sagt JKU-Rektor Meinhard Lukas. Die Wirkung geht über die Mahlzeiten, die täglich an der Mensa konsumiert werden, hinaus. Als öffentliche Einrichtung hat die JKU eine Vorbildfunktion und nimmt mit der Bio-Umstellung ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr. „Zugleich stellen wir uns ganz grundsätzlich der Frage des Umgangs mit Tieren. Dabei sind unsere Ernährungsgewohnheiten von größter Bedeutung. Fleisch aus Massentierhaltung sollte schon aus ethischen Gründen, aber auch mit Blick auf den Klimawandel nicht konsumiert werden. Mit dieser Position sind wir freilich als Universität nur glaubwürdig, wenn wir auch selbst danach handeln. Daher haben wir dieses Projekt ins Leben gerufen“, sagt Lukas.

„Die Betriebe der Österreichischen Mensen Betriebsges.m.b.H. sind bereits flächendeckend in ganz Österreich mit dem Umweltzeichen zertifiziert und erfüllen strenge Kriterien zur Wahrung nachhaltiger Ziele. Am Campus der JKU in Linz wird nun ein weiterer Schritt gesetzt: Die Betriebe der Österreichischen Mensen bieten vor Ort weitgehend biologische Waren an und sind nun stolze Träger des Österreichischen BIO-Zertifikats. Beginnend mit dem Fleisch, wird zukünftig darüber hinaus nachvollziehbar sein, von welchen Bio-Bauernhöfen das aktuelle Essensangebot stammt“, begrüßt auch die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung .Iris Eliisa Rauskala die Initiative.

 Bewusste Nachhaltigkeit
„Wir, die Österreichischen Mensenbetriebe, nehmen genau die Bedeutsamkeit für die Bevölkerung und künftige Generationen sehr ernst. Unsere Verantwortung im Bereich der Verpflegung unserer Gäste in Hinblick auf Nachhaltigkeit ist uns mehr als bewusst“, sagt Mensen-Geschäftsführer Franz Haslauer. „Unsere Zielgruppe – jung und gebildet, trendy – ist besonders kritisch und setzt hohe Erwartungen. Neuen Trends folgen wir mit Begeisterung und dem nötigen Nachdruck – besonders wenn es sich, wie hier, um Trends handelt, die in der gesamten Gesellschaft einen hohen Stellenwert einnehmen.“

In den österreichischen Mensen wurden im Jahr 2018 Österreichweit ca. 350 Tonnen Fleisch und Wurstwaren verarbeitet. Davon entfiel etwa ein Zehntel an die Johannes Kepler Universität Linz.

Die JKU Linz ist selbst eine der innovativsten Universitäten in Österreich und so lag es nahe, hier als erstes und gemeinsam einen weiteren Schritt in die richtige Richtung zu gehen – umso mehr sind die österreichischen Mensen für die Unterstützung der Universitätsleitung sehr dankbar.

Konkret bedeutete dies eine Menge organisatorischer und wirtschaftlicher Herausforderungen:

  • Sämtliche Rezepturen mussten überarbeitet werden und verlässliche Lieferanten mit entsprechenden Mengen mussten gefunden werden.
  • Die Erarbeitung eines, den Anforderungen entsprechenden Konzepts, konnte im Laufe des Frühjahrs finalisiert werden. Man befindet sich bereits erfolgreich in der ersten Umsetzungsphase.
  • Was die Lieferanten betrifft, gelang mit Hilfe des Teams der Werner Lampert Beratungsgesellschaft, beste Qualität aus der Region zu bekommen und die Nachverfolgbarkeit 100% zu erfüllen. 

 

Auf der wirtschaftlichen Seite gaben die günstigen Verkaufspreise aus dem Sektor der Gemeinschaftsverpflegung ein enges Korsett vor. Jene Produkte, die der Handel „abschöpft“ sind für die Gemeinschaftsverpflegung unerschwinglich. Dazu sei bemerkt, dass die ÖMBG zu 100% dem Bund gehört, aber nicht subventioniert wird.

„Durch kreative Rezepturen und Flexibilität bei unseren Menüplänen konnten wir schlussendlich ein nachhaltig wertvolles Angebot erstellen und kochen unsere Gäste weiterhin mit Begeisterung ein – das ist logisch – jetzt auch BIOlogisch, wo immer möglich. Für die Zukunft planen wir das gastronomische Konzept des biologischen Angebots auch an andere Mensenbetriebe zu tragen. Hier geht es jeweils um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vor Ort. Derzeit sind wir mit zwei weiteren Universitäten im Gespräch“, sagt Haslauer.

Was bedeutet die Bio-Umstellung für die Praxis in der Küche? „100% biologisches Fleisch bedarf einer längeren Garzeit. Wir wählen sorgfältig die richtige Garmethoden aus. Die Bestellungen haben eine längere Vorlaufzeit, was sich auf eine noch genauere Planung auswirkt. Dafür nehmen wir uns nun noch mehr Zeit. Die Ware kommt in ein eigenes Kühlhaus und die Bearbeitung erfolgt nach wie vor mit großer Sorgfalt und Freude am Kochen – wie es bei uns schon immer Standard war. Durch die bessere Qualität wird ein noch besseres Geschmackserlebnis möglich. Uns freut es besonders, wenn wir, so wie schon in den letzten Tagen positives Feedback erhalten“, sagt Georg Felgenhauer, Küchenleiter der JKU-Mensa.