Kleine Ursache, große Wirkung – neue Methode erhöht Lernbereitschaft von Studierenden

Lernen kann man lernen – allerdings fällt es manchmal schwer, den „inneren Schweinehund“ zu überwinden. Studien zeigen, dass es Studierenden gerade beim Online-Lernen schwer fällt, sich zu motivieren. Forscher der Johannes Kepler Universität und der WU Wien haben nun erforscht, mit welchem psychologischen Kniff die Motivation deutlich erhöht werden kann.

Univ.-Prof. Wolfgang Güttel honorarfrei, Credit: JKU
Univ.-Prof. Wolfgang Güttel honorarfrei, Credit: JKU

„Online-Learning wird immer wichtiger. Der fehlende persönliche Kontakt macht es Studierenden aber schwer, sich aufzuraffen“, so Univ.-Prof. Wolfgang Güttel vom Institut Human Resource and Change Management der JKU. Die Folge sind hohe Abbruchquoten. Gemeinsam mit Forschern der WU Wien hat Univ.-Prof. Güttel deshalb ein Experiment durchgeführt. Dabei wurde eine Hausübung mit Bonuspunkten belohnt – allerdings in so geringem Ausmaß, dass die Studierenden den Aufwand der Hausübung nicht mit der „Belohnung“ rechtfertigen konnten. Die Lernenden mussten deshalb eine andere Begründung finden, um vor sich selbst zu rechtfertigen, dass sie sich den Aufwand „antaten“. Das Ergebnis: Durch die Suche nach anderen Rechtfertigungen entdeckten sie das Interesse am Lernstoff, lernten mehr und erzielten bessere Lernergebnisse.

„Der Clou daran ist, dass durch einen sehr kleinen Anreiz Motivation angesprochen wird, die nicht durch den Anreiz selbst zu legitimieren ist, da dieser zu gering ist. Wir müssen uns deshalb andere Begründungen ,ausdenken‘, warum wir das machen. Über die erste kleine Verhaltensänderung kommt dann aber eine Verhaltens-Spirale in Gang, die wir nur schwer wieder rückgängig machen können, selbst wenn wir wollten“, so Güttel. Anders gesagt: Wir reden uns ein, Interesse am Stoff zu haben – und entwickeln dadurch echtes Interesse. „Man könnte sagen: Der Appetit kommt beim Essen – auch wenn es ums Lernen geht“, schmunzelt Güttel.

Die Idee entwickelte der JKU-Forscher gemeinsam mit Gerhard Furtmüller und Christian Garaus (beide WU Wien). Der Beitrag wurde bereits in den renommierten Zeitschriften „Harvard Business Review“ und „Academy of Management Learning & Education“ veröffentlicht und überraschte die Fachwelt: Bisher war man davon ausgegangen, dass Motivation zwar zerstört, aber nicht erzeugt werden kann.

Die neue Studie beweist, dass Motivation durch kleine Anreize zumindest stimuliert werden kann. Im Experiment erzielte die Versuchsgruppe, die einen kleinen Anreiz erhielt, signifikant bessere Ergebnisse. Es wurden auch deutlich mehr Hausübungen abgegeben als in der Kontrollgruppe.

Die Forscher gehen davon aus, dass dieser Mechanismus auch in anderen Kontexten funktioniert (z.B. bei Changeprozessen in Organisationen). Eingeschränkt könnte es auch im Alltag funktionieren. Selbst hat Univ.-Prof. Güttel aber immer leicht gelernt – zumindest, wenn er vom Inhalt begeistert war. „Bei den langweiligen Themen hingegen war Hopfen und Malz verloren. Da wäre ich nicht zu bewegen gewesen; aber vielleicht hat mir auch niemand erklärt, warum z.B. Buchhaltung als Uni-Fach notwendig und sinnvoll ist und mit kleinen Anreizen hatte es auch niemand versucht!“

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