Medizin, die unter die Haut geht

Dermatologie an der Universitätsmedizin Linz: Personalisierte Therapien gegen seltene Krankheiten

Professor Wolfram Hötzenecker
Professor Wolfram Hötzenecker

Ein Dutzend Ärzt*innen und mehr klappern manche Patient*innen mit Hauterkrankungen ab, bevor sie die richtige Diagnose bekommen. Bei Daniel Pohl dauerte diese Odyssee länger als zehn Jahre. Im Alter von 20 Jahren traten bei dem gebürtigen Linzer die ersten Symptome auf: An den Innenseiten der Oberschenkel bildeten sich Bläschen, die stark juckten. Auch andere Körperstellen waren bald betroffen. „Mir wurde gesagt, es handle sich um Ekzeme. Ich bekam verschiedene Salben verschrieben, von denen keine wirklich geholfen hat“,  erinnert sich der Patient. Im Kepler-Uniklinikum (KUK) Linz bekam der heute 44-Jährige endlich die richtige Diagnose: Morbus Darier.

Therapien oft nicht zugelassen
Doch damit ist es ja nicht getan. „Für viele der seltenen Hauterkrankungen sind keine geeigneten Medikamente zugelassen. Auch gibt es in diesem Bereich kaum Forschung durch Pharmafirmen, weil sich die Entwicklung von Medikamenten oft finanziell nicht lohnt“, sagt Univ.-Prof. Wolfram Hötzenecker, Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie.

Anders als bei häufigen Hauterkrankungen wie Ekzemen, Nagelpilz oder weißem Hautkrebs sei es oft notwendig, individuelle Lösungen zu finden. Einen Durchbruch in der personalisierten Medizin hätten im vergangenen Jahrzehnt die Antikörper-Therapien gebracht. „Nach einer Biopsie, bei der Gewebe entnommen wird, kann das Muster von Entzündungsbotenstoffen im Labor festgestellt werden. Denn sehr oft handelt es sich bei Hautkrankheiten um Entzündungen." In anderen Fällen können seltene Krankheiten jedoch trotzdem systematisch anhand von Studien erforscht werden – in Linz konkret die Hautkrankheit Morbus Darier: „Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend.“ Davon profitiert auch Patient Daniel Pohl. Alle drei Monate kann er sich selbst das entsprechende Mittel unter die Haut spritzen. Und hat damit die Chance auf ein Leben ohne Ausschlag und Juckreiz.

Individuelle Heilversuche
Behandelt wird dann mit Antikörpern, die für die jeweiligen Krankheiten jedoch oft nicht zugelassen sind. Im universitären Umfeld dürfen sie vom erfahrenen Dermatologen trotzdem bei sogenannten Heilversuchen eingesetzt werden – manchmal mit ausgezeichneten Erfolgen. In Verwendung sind oft bereits für andere Erkrankungen zugelassene Antikörper, bei denen etwa Nebenwirkungen ganz gut abgeschätzt werden können. „Diese sogenannten Off-Label-Behandlungen sind nur an der Uni möglich. Es bedarf erfahrener Wissenschafter*innen, die sich das trauen und sich mit den einzelnen Patient*innen beschäftigen“, sagt Hötzenecker. Denn was für einen Betroffenen der jeweiligen Erkrankung gilt, muss für den anderen nicht passen. „Manchmal haben wir zu wenige Patienten für Studien – oder diese sind nicht finanzierbar“, sagt der Dermatologe.