Reiseplanung: Neuer Algorithmus spart Zeit, Geld, Nerven – und CO2

Reisen und berufliche Fahrten effektiv und nachhaltig zu gestalten ist ein komplexes Problem - Logistikerinnen der JKU haben dafür ein Verfahren entwickelt.

Miriam Enzi, Msc
Miriam Enzi, Msc

Der Klimawandel ist ein buchstäblich brandaktuelles Thema und damit auch: der Verkehr. Reisen und berufliche Fahrten effektiv und nachhaltig zu gestalten, ist allerdings ein unglaublich komplexes Problem. Im Rahmen zweier Projekte haben die Logistikerinnen der Johannes Kepler Universität Linz dafür ein Verfahren entwickelt.

Das in Österreichs Klimaschutzgesetz festgelegte Ziel für den Verkehrssektor von 21,8 Millionen Tonnen CO2 wurde im Vorjahr deutlich verfehlt. In Summe hat der Verkehr in Österreich in den letzten vier Jahren um fast sieben Millionen Tonnen mehr CO2 ausgestoßen als das Klimaschutzgesetz vorschreibt. Eine effiziente Reiseplanung würde aber nicht nur der Umwelt helfen, sondern auch Zeit, Geld und Nerven sparen. Daher haben vor allem Unternehmen, aber auch Shared Community-Initiativen Interesse an einer solchen Planung. Das Problem: „Es klingt einfach, ist aber ungeheuer komplex. Es fließen verschiedene Aspekte mit unterschiedlicher Gewichtung ein“, erklärt JKU Logistik-Expertin Miriam Enzi, MSc. „Bevorzuge ich das Auto oder die Bahn? Möchte ich lieber möglichst schnell am Ziel sein, oder eher die Reisekosten minimieren?“

Persönliche Wünsche berücksichtigt
In ihrer Zeit am Institut für Produktions- und Logistikmanagement hat sie unter der Leitung von Prof.in Sophie Parragh einen Algorithmus entwickelt, der genau dieses Problem für geschlossene Gruppen beantwortet. „Geschlossene Gruppe heißt, dass zum Beispiel ein Unternehmen auf diese Weise die Reiseplanung der Mitarbeiter*innen abwickeln und optimieren kann“. Das Besondere: „Eine halbwegs gute Lösung kann schnell gefunden werden. Das ist aber nur eine Annäherung. Unser Programm kann eine exakte Lösung präsentieren – und das sehr schnell. Der Algorithmus liefert also nicht nur optimale Lösungen, sondern ist auch alltagstauglich.“

Genauer gesagt: Das Programm bietet eine gewisse Bandbreite an Lösungen, die optimale Optionen hinsichtlich des Zeitaufwands oder Kostenaufwands bietet. „Das Unternehmen kann dann sagen: Mitarbeiter A will schnell am Ziel sein, er nimmt um 17.00 Uhr den Firmenwagen. Mitarbeiterin B nimmt den Zug um 9.15 Uhr und so weiter“, erklärt Enzi. Der Effekt ist eine win-win-win-Situation: Die Mitglieder der Gruppe erhalten die optimale Reiselösung, die ihre Präferenzen hinsichtlich Verkehrsmittel und Zeitvorgaben einbezieht. Das Unternehmen kann seinen Fuhrpark optimal nutzen und das Reisemanagement kostengünstig abwickeln. Und da Leerkilometer reduziert werden, fällt weniger CO2 an.

Perfekte Lösung geboten
Enzi bietet das Programm in vier Stufen an – Stufe 1 kann die Reiseplanung von 300 Menschen in wenigen Sekunden erledigen. Hier muss die Reihenfolge der Fahrten aber noch vorgegeben werden. Die höchste Stufe braucht nur unwesentlich länger, schafft allerdings nur 20 Reisende. „Dafür legt das Programm hier auch die optimale Reihenfolge der Fahrten fest“, so Enzi.

Miriam Enzi hat sich zunächst am AIT sowie an der CentraleSupélec in Frankreich im Rahmen des Klimafonds-Projekts SEAMLESS, in dem Car-Sharing Lösungen für Unternehmen entwickelt wurden, mit dem Optimierungsproblem beschäftigt. Ihre Arbeiten im FWF-Projekt „MOMIP: Multi-Objective (Mixed) Integer Programming“ an der JKU gehen darüber hinaus. Der konzipierte Algorithmus erlaubt die Analyse von unterschiedlichen Lösungen, die jeweils Kosten und Userfreundlichkeit unterschiedlich stark gewichten und kann problemlos auch von anderen Interessensgruppen verwendet werden. Und worauf ist sie besonders stolz? „Der Algorithmus funktioniert nicht nur, er ist auch sehr elegant geworden“, so die Logistikerin.