Studie zeigt: Social Distancing Maßnahmen wirken

Frühe Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen haben innerhalb von drei Wochen über 80% der COVID-Infektionen und über 60% der Todesfälle in Deutschland verhindert.

Professor Ulrich Glogowsky
Professor Ulrich Glogowsky

Die Mitte März 2020 beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie haben in den folgenden drei Wochen sowohl die Mobilität der Bevölkerung stark reduziert als auch die Ausbreitung von COVID-19 effektiv begrenzt. Das zeigt die aktuelle Studie eines internationalen Teams von Wirtschaftswissenschaftlern um Professor Ulrich Glogowsky von der JKU und Juniorprofessor Dr. Emanuel Hansen von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Die Ergebnisse belegen, wie wichtig die frühen politischen Maßnahmen für den weiteren Verlauf der Coronapandemie in Deutschland waren. Die Studie ist im interdisziplinären Open-Access Journal PLoS ONE erschienen.

Im Frühjahr 2020 breitete sich die COVID-19-Pandemie schnell in Europa aus. Nach anfänglichem Zögern beschlossen die Bundesregierung und die Ministerpräsidentenkonferenz Mitte März in kurzer Folge eine Reihe von Maßnahmen zur Beschränkung sozialer Kontakte, darunter die Schließung von Schulen, Kindergärten und Geschäften. Auch private Treffen von Personen aus verschiedenen Haushalten wurden weitgehend verboten. Die deutsche Politik setzte damit schnelle und weitreichende Kontaktbeschränkungen um. In der Frühphase der ersten Welle wurde noch keine Maskenpflicht eingeführt. Es standen weder Impfungen noch Schnelltests zur Verfügung. Innerhalb weniger Wochen nahmen die Ansteckungen mit COVID-19 in Deutschland stark ab, bis die Kontaktbegrenzungen ab dem 20. April 2020 wieder allmählich gelockert wurden.

Trotz der schnellen Abnahme der Infektionen in Deutschland wurde die Wirksamkeit der Kontaktbeschränkungen sowohl in der Öffentlichkeit als auch in Fachkreisen immer wieder bezweifelt. Insbesondere wurde argumentiert, dass die Ausbreitung auch ohne Maßnahmen durch automatische Verhaltensänderungen der Bürger gebremst worden wäre.

Um diese kontroverse Frage zu beantworten, schätzte das Autor*innenenteam den kausalen Effekt der politischen Maßnahmen mit Hilfe detaillierter Zahlen des Robert Koch-Instituts sowie anonymisierter Bewegungsdaten von privaten Mobilfunkanbietern aus den über 400 deutschen Kreisen in einem quasi-experimentellen Analyseverfahren.

Dabei kamen die Autoren zu den folgenden Ergebnissen: Im ersten Schritt stellten sie mit Hilfe der Mobilfunkdaten fest, dass die politischen Maßnahmen die räumlichen Bewegungen der Menschen wie gewünscht um durchschnittlich 30 Prozent reduzierten. Im zweiten Schritt fanden sie Evidenz für eine effektive Eindämmung des pandemischen Geschehens: Schon innerhalb der ersten drei Wochen konnten durch die Kontaktbeschränkungen in Deutschland über 80 Prozent der COVID-Infektionen und über 60 Prozent der entsprechenden Todesfälle vermieden werden, die es ohne die Maßnahmen gegeben hätte. Anders ausgedrückt, hätte es nach den Schätzungen der Forscher in Deutschland ohne die Maßnahmen alleine bis Anfang April etwa 500.000 zusätzliche Ansteckungen und etwa 5.400 zusätzliche Todesfälle gegeben.