Studienexkursion nach Brüssel

Das Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik bietet die Gelegenheit, die EU-Institutionen kennenzulernen.

Nach Europa

Studienexkursion nach Brüssel im Jänner 2019

Das Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik bietet Studierenden seit Jahren die Gelegenheit, die wesentlichen Institutionen der Europäischen Union im Rahmen einer Exkursion nach Brüssel sozusagen „hautnah“ kennenzulernen. Diesmal wurde die Exkursion in leicht verändertem Modus durchgeführt: Organisiert wurde die Reise von der Studienrichtungsvertretung Sozialwirtschaft, konkret von Andrea Martinovic. Die Teilnehmerinnen waren Studierende, welche im Wintersemester den Kurs „Politische Institutionen in Europa“ besucht haben. Die beiden Lehrveranstaltungsleiter, Harald Stöger und Hansjörg Seckauer, begleiteten die Exkursion.

Erster Tag: Parlament und Kommission

Auf dem Programm stand gleich zu Beginn ein Besuch des Europäischen Parlaments, wo vom ehemaligen Vorstand des Instituts und nunmehrigen EU-Abgeordneten Josef Weidenholzer ein sehr lebendiges Bild vom parlamentarischen Geschehen gezeichnet wurde. In den Ausschüssen, in denen Weidenholzer vertreten ist, wurden zuletzt relevante Themen wie der Menschenrechtsbericht, die Datenschutzverordnung, konstitutionelle Fragen in Zusammenhang mit dem Brexit sowie die Grundrechtssituation in Ungarn und in Polen behandelt.

Am Nachmittag wechselten wir von der Legislative zur Exekutive, d.h. zur Europäischen Kommission. Hier erläuterte Ulrich Trautmann, Senior Expert in der Generaldirektion Handel, zum einen das Zusammenspiel der europäischen Institutionen im politischen Entscheidungsprozess und zum anderen die Funktion und das Aufgabenspektrum der Kommission, das sich nicht auf die Exekutive beschränkt, sondern auch in die Legislative und die Normenkontrolle hineinreicht.

Zweiter Tag: Ständige Vertretung Österreichs und Interessensvertretungen

Über die Rolle und Aufgaben der Ständigen Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union informierte uns Lydia Korinek. Die Ständige Vertretung stellt einerseits eine Verbindungsstelle zur nationalen Regierung, andererseits zum Rat der Europäischen Union dar. In der Ständigen Vertretung sind rund 150 Personen beschäftigt. Dabei handelt es sich um MitarbeiterInnen aus sämtlichen Ministerien, den Sozialpartnerorganisationen, von Städte- und Gemeindebund und der Nationalbank. Der Arbeitsanfall war im letzten Halbjahr nicht unbeträchtlich, v.a. wegen des österreichischen Ratsvorsitzes, der hier maßgeblich mitgestaltet wurde.

Die Präsenz von Sozialpartnerorganisationen in der Ständigen Vertretung ist ein österreichisches Spezifikum. Die Vertreter der Arbeitnehmerseite beschäftigen sich vorrangig mit den Themenbereichen Handelspolitik, Finanzmarktregulierung, Privatisierungen sowie Lohn- und Sozialdumping im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Hier würde nach Meinung von Peter Hilpold (AK) und David Hafner (ÖGB) eine Europäische Arbeitsbehörde helfen, um entsprechende Verfehlungen künftig auch exekutieren zu können.

Bei der Wirtschaftskammer geht es, so Referent Martin Schmid, primär darum, eine gemeinsame Position zwischen den einzelnen Verbänden der österreichischen Wirtschaft auszuhandeln und diese dann im Rahmen des europäischen Dachverbands Eurochambres im Legislativprozess gegenüber Kommission und Parlament zu vertreten. Umgekehrt wirkt man auch nach innen, indem man die Mitglieder über aktuelle Entwicklungen in Brüssel informiert und etwaige Signale aus der Kommission nach Wien weitergibt. Zudem erteilt man Rechtsauskünfte an einzelne Unternehmen, die von spezifischen EU-Regeln betroffen sind. Auch ein Meinungsaustausch mit den anderen Sozialpartnern findet regelmäßig statt.

Einblick in die Historie: Parlamentarium und Haus der europäischen Geschichte

Schon am ersten Tag wurde uns im Parlamentarium die Geschichte der Europäischen Gemeinschaften und der nachfolgenden Union in digital unterstützter Form nähergebracht. Einen weiteren historischen Rahmen deckt das Haus der europäischen Geschichte ab. Mit Tablets ausgerüstet begaben wir uns dort auf eine Reise durch die Geschichte Europas, von den mythischen Anfängen in der Antike über seine Entwicklung in der Neuzeit und bis hin zu seinem Versinken in den Wirren der Weltkriege und der Wiederauferstehung in der Prosperitätsphase, die bis in die Gegenwart führt.

Als (didaktischer) Gewinn der Exkursion lässt sich verbuchen, dass die Studierenden zum einen mit unterschiedlichen Sichtweisen auf das europäische Projekt konfrontiert wurden und ihnen zum anderen ein Einblick in den Arbeitsalltag der Beschäftigten und die konkreten Arbeitsabläufe in den EU-Institutionen gewährt wurde – also in etwas, das in keinem Lehrbuch steht, für die reale Politik dennoch von Bedeutung ist.