Tipps von PsychologInnen: Wie Entspannung funktioniert

Stress vermindern - geht das? Ja, und oft einfacher, als man glaubt. Wie? Das verraten unsere PsychologInnen.

1. Wie wirkt Entspannung?

Das vegetative Nervensystem regelt einen Großteil unserer lebensnotwendigen Körperfunktionen, wie Kreislauf, Atmung oder Verdauung, welche nicht willentlich steuerbar sind. Es besteht aus zwei Gegenspielern, dem Sympathikus und dem Parasympathikus, die durch ihr Zusammenspiel das vegetative Gleichgewicht des Körpers aufrechterhalten. Das sympathische Nervensystem stellt den aktivierenden Teil dar, welcher den Körper auf kurzfristige Höchstleistungen vorbereitet. Es sorgt dafür, dass das Herz schneller schlägt, sich die Atemwege erweitern und die Verdauungstätigkeit vermindert wird. Das parasympathische Nervensystem dient der Ruhe, Erholung und dem Energieaufbau. Stoffwechselvorgänge und Verdauung werden angekurbelt, Pulsschlag und Atemfrequenz nehmen ab und wir können uns regenerieren.

Unsere heutige Lebensweise kann es mit sich bringen, dass wir unseren Körper durch Zeitdruck, psychische Belastungen und mangelnde Bewegung in einen beständigen Erregungszustand versetzen.

Um unseren Körper bei der Regeneration zu unterstützen und vor langfristigen Schäden zu bewahren, ist es ratsam, das parasympathische Nervensystem immer wieder ganz bewusst zu aktivieren. Der Parasympathikus kann zwar nicht willentlich gesteuert werden, indirekt können wir aber sehr wohl durch spezifische Entspannungsübungen auf seine Funktionen einwirken.

2. Ausgewählte Entspannungstechniken

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, mehr Entspannung und Gelassenheit zu erlangen. Zu den gängigsten und bewährtesten Entspannungsverfahren zählen Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Atemtechniken, Imaginative und meditative Verfahren, körperbezogene Übungen, Selbsthypnose, Yoga und Biofeedback.

Unser Tipp: Geben Sie nicht gleich auf, wenn eine Entspannungsübung für Sie nicht funktioniert. Versuchen Sie verschiedene Verfahren, um herauszufinden, was gut zu Ihnen passt.

Im Folgenden möchten wir Ihnen ein paar Entspannungsverfahren näherbringen, die auf gedanklicher Ebene ansetzen.

Autogenes Training wurde bereits in den 1920er Jahren vom Berliner Psychiater J.H. Schultz entwickelt und beruht auf Autosuggestion. Durch die Vorstellung bestimmter Körperempfindungen wie zum Beispiel Schwere und Wärme kann eine Entspannung der Muskulatur und eine verbesserte Durchblutung des Körpers erreicht werden. Bei ausreichender Übungsfrequenz kann eine tiefe Entspannung sowie verbesserte Schlafqualität erzielt werden und Ängste, Nervosität oder Schmerzwahrnehmung können reduziert werden. Heute wird Autogenes Training meist in Gruppensitzungen unter Anleitung eines Arztes / einer Ärztin oder eines Psychologen / einer Psychologin innerhalb von 6 bis 8 Wochen erlernt. Voraussichtlich ab Herbst 2020 wird auch an der Psychologischen Studierendenberatung Linz Autogenes Training wieder angeboten.

Unser Tipp: Achten Sie bei der Durchführung von Entspannungsverfahren auf einen ungestörten, gut gelüfteten Raum und eventuell gedämpftes Licht. Nehmen Sie eine angenehme, beschwerdefreie Körperposition ein und halten Sie eine Decke bereit, falls Ihnen kühl wird. 

Meditative Verfahren haben ihre Wurzeln meist im religiösen Bereich. Ihre ursprünglichen Ziele liegen in der spirituellen Entwicklung und der tiefen Selbsterkenntnis und weniger im Abbau von Anspannungen. Während sich in der christlichen Tradition Exerzitien finden, sind aus fernöstlicher Tradition Verfahren wie Mantras, Achtsamkeitsmeditationen, Zen aber auch Meditationen in Bewegung wie Tai Chi, Qigong oder Yoga bekannt.

Das mittlerweile weit verbreitete Entspannungsverfahren Body Scan fußt ebenfalls in der buddhistischen Vipassana Tradition. Dabei wandert man mit seiner Achtsamkeit Stück für Stück durch den ganzen Körper und nimmt bewusst die einzelnen Körperteile wahr, ohne das Erlebte zu bewerten. Durch die Position eines Beobachters des eigenen Körpers soll eine Distanzierung von Anspannungen und Schmerzen ermöglicht werden.

Unser Tipp: Geführte Entspannungsverfahren sind auch mit wenig Erfahrung gut umsetzbar.

Anleitungen zum Body Scan finden Sie im Internet unter anderem unter:

www.youtube.com/watch?v=j0nMvbvNcog, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster 

www.youtube.com/watch?v=15q-N-_kkrU, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster 

Bei imaginativen Verfahren und Phantasiereisen wird durch die Vorstellung von positiven Bildern eine tiefe Entspannungsreaktion erzeugt. Diese Verfahren können im Zuge einer Psychotherapie eingesetzt werden, um über die Vorstellung eine Verhaltensänderung herbeizuführen, was zum Beispiel Rauch- oder Trinkgewohnheiten, Ängste oder Depressionen betrifft. Generell können imaginative Verfahren die Kreativität, das Selbstvertrauen und das Wohlbefinden fördern.

Eine Anleitung zum „Garten in mir“ finden Sie unter:

https://youtu.be/0eLYEOKK-fU, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Eine Einladung zu einer Reise zu Ihren Stärken finden Sie unter:

https://youtu.be/vc_6kymLoKs, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

 

3. Entspannung lässt sich nicht erzwingen

Entspannungsübungen können regelmäßig angewandt eine große Wirkung zeigen. Es gibt jedoch auch Momente oder Personen zu welchen Entspannungsübungen nicht passen.

Unser Tipp: Achten Sie auf Ihre Körperwahrnehmungen. Wenn Sie sich unwohl fühlen, beenden Sie die Entspannungsübung. 

Falls Sie keinen Zugang zu Entspannungsübungen finden, bedeutet das nicht, dass Entspannung in Ihrem Alltag keinen Platz finden kann. Auch regelmäßige Bewegung, Achtsamkeit im Alltag, das Sitzen in der Sonne oder das Lesen von positiven Geschichten können Entspannung erzeugen.

Weiterführende psychologische und psychotherapeutische Unterstützung

Sollten Sie an Angstzuständen, Zwängen, Depressionen, Schizophrenie oder wahnhaften Störungen leiden oder Traumatisierungen vorliegen, empfiehlt sich vor der Durchführung von Entspannungsverfahren ein Gespräch mit einer Psychologin. Im Bedarfsfall steht Ihnen die Psychologische Studierendenberatung Linz derzeit telefonisch und online zur Verfügung.

Termine für telefonische oder online Beratungsgespräche erhalten Sie unter 0732 2468 7930.

Wir sind Montag bis Donnerstag von 7.30 - 15.30 Uhr und Freitag von 7.30 - 13.30 Uhr für Sie erreichbar.