Zufall hilft: Schritt für Schritt zum Quantencomputer

Wie Forscher*innen den Zufall nutzen, um Quantencomputer berechenbarer zu machen.

Richard Küng als Speaker auf einer Konferenz zur Quantenphysik in Shanghai.
Richard Küng als Speaker auf einer Konferenz zur Quantenphysik in Shanghai.

Wir leben in interessanten Zeiten – Quantencomputer sind zwar noch nicht ganz Realität, aber sie kommen. Quantenplattformen sind heute prinzipiell groß genug um spannende Probleme anzugehen, welche mit konventionellen Computern unmöglich zu lösen scheinen. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist Google's Sycamore-Prozessor. Diese Plattform beinhaltet 53 Qubits – das Quantenanalog des klassischen Bits – und kann belegbar Rechenaufgaben lösen, für die der schnellste Supercomputer (mindestens) tausende Jahre brauchen würde.

Der Nachteil: Quantenarchitekturen sind extrem fragil. Schon kleinste Störeffekte können den Verlauf einer Quantenrechnung beeinträchtigen. Um das beeindruckende Google-Experiment überhaupt erst durchführen zu können, musste der Chip täglich neu kalibriert werden. So waren etliche Stunden Supercomputer-Zeit nötig, um Quantenrechnungen durchzuführen, die selbst nur Sekundenbruchteile in Anspruch nahmen. Das liegt am "curse of dimensionality": Die Anzahl der zu kontrollierenden Freiheitsgrade eines Quantensystems skaliert exponentiell in der Qubitzahl. Für den Sycamore-Chip ergibt das die astronomische Zahl 4^53-1 = 8.11x10^32. Zudem kommt noch, dass das Auslesen von Daten quantenmechanische Messungen erfordert.

Diese beiden Faktoren machen das Auslesen von Quanteninformation extrem anspruchsvoll. Die Arbeit von Richard Küng – dem neuen Tenure Track-Professor für Quanteninformatik an der JKU – zielt darauf ab, diesbezüglich neue Methoden zu entwickeln. Ein wichtiger Meilenstein ist dem Jungforscher vor kurzem in Kooperation mit Robert Huang und John Preskill (beide Caltech) gelungen. Im Artikel "predicting many properties of a quantum system from very few measurements" präsentieren die Forscher ein einfaches und skalierbares Protokoll, welches erlaubt, interessante Eigenschaften eines Quantensystems effizient zu bestimmen. "Die Grundidee ist simpel", so der Nachwuchswissenschaftler: "Wir verwenden den scheinbar lästigen Zufall als Ressource. Zufällige Ereignisse konzentrieren sich typischerweise stark um ihren Erwartungswert – ein Effekt, den wir gut aus dem Alltagsleben kennen. Wenn man zudem den Ausleseprozess (quantum hardware) clever anpasst, kann man diesen Effekt verwenden, um auch den curse of dimensionality in wichtigen Anwendungen zu umschiffen.“

Die Originalarbeit von Huang, Kueng und Preskill ist gerade in der renommierten Fachzeitschrift Nature Physics erscheinen. Die Folgearbeit mit Innsbruck (Peter Zoller und sein Team), wo die neuen Methoden getestet werden, steht kurz vor der Einreichung.

Richard Küng hatte auch Angebote von Google AI und Amazon Web Services. Dennoch entschloss er sich nach Linz zu kommen. Seine Begründung: „Österreich ist im Bereich quantum technology extrem gut aufgestellt. Das gilt auch insbesondere für die JKU, die mit den Teams von Robert Wille und Armando Rastelli bereits exzellente Arbeit in diesem Feld betreibt. Beste Startbedingungen also für einen jungen Quantenforscher. Und die starken Kontakte in die USA kann ich ja auch problemlos in die Heimat mitnehmen.“

Zur Person

Richard Küng wurde 1988 geboren und studierte Physik an der ETH Zürich. Die Doktorarbeit absolvierte er summa cum laude zum Thema "Convex reconstruction from structured measurements" an der Uni Köln (2016). Aufenthalte an Universitäten in Berlin und Kalifornien folgten. Seit April 2020 ist er als  Tenure Track-Professor am Department of Computer Science an der JKU tätig.