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Cyber-Attacken: "Wenn wir wissen, wer uns angreift, ist es zu spät!"

Vor einem Jahr hielt ein Cyberangriff das Außenministerium in Atem. Mit JKU Know-how will sich das Militär nun besser auf solche Attacken vorbereiten.

Professor Stadlmeier lehrt an der Militärakademie.
Professor Stadlmeier lehrt an der Militärakademie.

Prof. Sigmar Stadlmeier (Vorstand des JKU Instituts für Völkerrecht, Luftfahrtrecht und Internationale Beziehungen) ist als ausgewiesener Autor im Bereich Cyber Warfare Mitglied des Entwicklungsteams für einen neuen Fachhochschul-Studiengang an der Theresianischen Militärakademie mit Schwerpunkt Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der militärischen Führung.

Worin besteht Ihre Aufgabe bei der Entwicklung des Studiengangs?
Sigmar Stadlmeier: Ein solcher Studiengang muss nach den Vorgaben der Akkreditierungsverordnung zum Fachhochschulgesetz akkreditiert werden. Da ich im Ressort über meine Veröffentlichungen zur Cyber Warfare und gelegentliche Vorträge an der Militärakademie bekannt bin, hat man mich um Mitwirkung gebeten. Ich habe in Zusammenarbeit mit dem Rechtsberater der Militärakademie die Rechtsfächer des Curriculums strukturiert.

Wie läuft der Krieg der Zukunft ab bzw. wie wichtig ist Cyber Warfare in künftigen Konflikten?
Sigmar Stadlmeier: Cybermittel werden schon seit über 10 Jahren neben kinetischen Mitteln im bewaffneten Konflikt eingesetzt, um webbasierte Dienste zu behindern oder lahmzulegen; das konnte etwa  2008 im Georgien-Konflikt beobachtet werden. Vor allem kritische Infrastruktur (Wasser-, Wärme-, Energieversorgung, Telekommunikation, Finanzdienstleitungen, Blaulichtorganisationen etc.) ist ein naheliegendes Ziel, weil ihre Schädigung massive Auswirkungen auf das Alltagsleben hat und dementsprechend große Aufmerksamkeit garantiert; digitale Verwundbarkeit solcher Infrastruktur macht sie folglich zur Zielscheibe digitaler Angriffe. Moderne Konflikte sind meist asymmetrische Konflikte unter Beteiligung nicht-staatlicher Akteure; diese wiederum können sich Hard- und Software leicht und risikolos beschaffen, da sie -- anders als Kriegsmaterial -- keinerlei Kontrollregime unterliegen.

Wieso sollte ein kleines Land wie Österreich in diesem Bereich investieren, wenn das Heer anscheinend ohnehin unterfinanziert ist?
Sigmar Stadlmeier: Gerade weil der Verteidigungsbereich fast kaputtgespart wurde, müssen mit dem noch Vorhandenen prioritär die wahrscheinlichsten Bedrohungen ins Auge gefasst werden. Im übrigen ist die Vorbereitung auf Cyberangriffe als Gesamtstaatsaufgabe zu sehen: Cyberattacken können sich als schlichte Kriminalität, als organisierte Kriminalität, als Terrorismus oder als Angriff auf den Staat darstellen; dementsprechend sind die Bereiche Justiz und Inneres ebenso gefordert wie die Verteidigung.

Wie gut ist Österreich auf einen Cyber Angriff vorbereitet?
Sigmar Stadlmeier: Offizielle Dokumente wie die österreichische Sicherheitsstrategie zeigen, dass der gesamthafte Charakter der Herausforderung erkannt wurde; zivile und militärische CERTs (Computer Emergency Response Teams) leisten bei Cyber-Angriffen auf öffentliche Einrichtungen (wie jenem auf das Außenministerium vor einem Jahr) gute Arbeit. Im privaten und im Wirtschaftsbereich zeigen Statistiken noch deutlich Luft nach oben; die Aufklärungsquote im Cybercrime-Bereich lag in den letzten Jahren nach einer im Herbst veröffentlichten Studie um die 40%. Das alles sind aber nur reaktive Maßnahmen; daneben müssen Know-how und Humanressourcen vorausschauend bereitgestellt werden. Diesem Zweck dienen unter anderem zivile und militärische FH-Studiengänge, wie etwa jene in Hagenberg oder eben jener, den die Theresianische Militärakademie ab 2022 anbieten will.

Ihre persönliche Risikoeinschätzung: Wer könnte Österreichs Infrastruktur angreifen?
Sigmar Stadlmeier: Die Frage muss lauten, wer kann es. Nach der einschlägigen Literatur bereiten zwei Dutzend Staaten systematisch Cyber Warfare-Operationen vor und haben diese in ihre Militärdoktrinen aufgenommen; mehr als hundert Staaten (und das ist bereits die Mehrheit unter 195 Staaten auf der Erde!) haben zumindest punktuelle Fähigkeiten entwickelt. Und seit dem Terroranschlag in Wien im letzten November höre ich die Frage, "wer sollte das bei uns tun?" auch nicht mehr so oft. Wenn wir die Antwort darauf haben, ist es schon zu spät.