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Peter Mayr: unendliche Weite in Australien, gut organisiert in Zürich.

(2.7.2015) Peter Mayr verbrachte ein Auslandssemester an der James Cook University in Townsville, Australien, und ist derzeit noch in Zürich, wo er bei Levitronix ein Praktikum macht und an seiner Masterarbeit schreibt. Seine Erfahrungen an den verschiedenen Orten sind sehr vielfältig. Und wo es den Abenteurer (Eigendefinition) in Zukunft womöglich hin verschlagen wird, ist noch völlig offen.

Hier der ausführliche Bericht von Peter Mayr:

  • Wie ich auf die Idee gekommen bin, nach Australien zu gehen:

Nach Beendigung meines Zivildienstes bereiste ich zusammen mit einem Freund drei Monate lang die Westküste Australiens. Durch die freundliche, offene Lebensart der Bevölkerung konnten wir schnell neue Kontakte knüpfen. Unter anderem auch zu Bekannten, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters von 70 bis 80 Jahren nicht mehr nach Europa reisen können, die wir aber gerne wiedergesehen hätten.

Bereits am Beginn der Reise faszinierte mich dieser Kontinent sowohl in kultureller als auch in landschaftlicher Hinsicht. Eine Woche Farmarbeit  und die besuchten vielen Destinationen entlang der Küste, unter anderem die beeindruckende Stadt Townsville, brachten mir das Land näher. Jedoch kann man einen Urlaub in einem Land nicht mit einem Studium bzw. dem Leben in einem Land gleichsetzen. Dies war neben der englischen Sprache einer der vielen Gründe, warum ich mich dazu entschlossen habe, ein Auslandssemester in Australien zu absolvieren.

  • Wie ich mich auf das Auslandssemester vorbereitet habe:

Um sich für ein Exchange Semester bewerben zu können, muss man zumindest ein Englisch Niveau von B2 aufweisen können. Das war mein erster Schritt in Richtung Auslandssemester, gefolgt von der Kontaktaufnahme mit dem Auslandsbüro, Bewerbung und auch der Auseinandersetzung mit den potenziell möglichen Förderungen für ein Auslandssemester. An vielen australischen Universitäten (auch bei der James Cook University) reicht ein Nachweis von einem B2 Englisch Niveau von der jeweiligen Herkunftsuniversität nicht aus. In Abhängigkeit von der Gastuniversität und vom Studium muss eine bestimmte Punkteanzahl beim Toefl Test oder ähnlichem erbracht werden, damit sichergestellt werden kann, dass der Studierende dem Unterricht auch folgen kann.

Neben der Vorbereitung für den Toefl Test fallen bei einem Auslandsaufenthalt viele organisatorische Dinge wie beispielsweise „Anrechnung der Kurse im Voraus“, Visum, Unterkunft, Flüge, Studiengebühren an der Gastuniversität, Krankenversicherung etc. an. Dafür muss man etwa ein halbes Jahr Vorbereitungszeit einkalkulieren.

  • Wie schwierig es für mich war, mich zu Beginn zurecht zu finden:

Die Uni selbst bietet eine sehr gute Einführungsphase für internationale Studierende mit verschiedenen Aktivitäten zum Kennenlernen von Stadt, Universität und Leuten, wie z.B. das „O-Mazing Race“, eine Schnitzeljagd mit allen anderen internationalen StudentInnen quer durch Townsville. Sämtliche Veranstaltungen werden per Email und auf Social Media wie etwa Facebook angekündigt. Das Betreuungsteam seitens der JCU ist auch Anlaufpunkt für Fragen bzw. leitet einen an die zuständigen Stellen weiter. Zusätzlich gibt es bei Problemen jeglicher Art auch außerhalb der Servicezeiten eine eigene 24-Stunden-Hotline für Studierende. Durch die unterschiedlichen Veranstaltungen habe ich die Universität und auch viele andere International Students sehr schnell kennen gelernt.

  • Was mich an Australien und an der Universität am meisten überrascht hat:

Den größten Unterschied in der Kultur stellt die Tatsache dar, dass die australische Geschichte mit Ausnahme der UreinwohnerInnen und deren Kultur grob gesehen erst mit der Landung und Kolonialisierung durch James Cook im Jahre 1770 beginnt. Was sich auch in Namensgebungen von Straßen und öffentlichen Gebäuden widerspiegelt. Historische Gebäude in Australien sind somit keine 300 Jahre alt. Auch bei der geschichtlichen und geographischen Sichtweise, welche vermutlich auch so in den Schulen vermittelt wird, steht der Fokus klar auf dem pazifischen Raum, wo z.B. der Krieg zwischen den Alliierten und Japan im Mittelpunkt steht. Historische Orte sind selten bzw. oft nur in Zentren von großen Städten zu finden, wie beispielsweise das Stadtviertel "The Rocks" in Sydney. Die Stadt und Infrastrukturentwicklung ist vergleichbar mit Amerika. In großen Städten stehen hohe Gebäude im Zentrum und die Vororte werden von Investorfirmen mit endlosen Wohnsiedlungen mit oft sehr ähnlichen Häusern in einfachbauweise "Fertigteilhäuser" zugepflastert. Was für einen Australier normal erscheint, wirkte auf mich oft etwas befremdlich.

Im Straßenverkehr sollte man aufpassen, denn es gilt paradoxer Weise die Rechts-Regel trotz des vorherrschenden Linksverkehrs.

Die Lebensmittel sind recht teuer und kosten das eineinhalb bis dreifache wie in Österreich. Besonders wenn man ähnlichen Standard wie in Österreich haben möchte oder Bioprodukte kauft, kann das schon teuer werden.

Lebt man nicht gerade in einer Großstadt im Zentrum, wird man sich ein Haus mieten bzw. mit anderen Studenten teilen, was auch in Townsville üblich war. Die dortigen Kosten belaufen sich je nach Lage von 700 bis über 1000 australische Dollar. Hat man ein Auto zur verfügen kann man sich auch günstiger einquartieren oder gleich ein neues Haus am Stadtrand mieten was ab 2000 AUD zu haben ist.

Die öffentlichen Verkehrsmittel in Townsville sind sehr unzuverlässig und wenn man pünktlich ankommen will, nimmt man besser das Rad oder ein Auto, falls vorhanden.

Es hat mich sehr überrascht wie gut die "International Students" von der Uni betreut und welche tollen Veranstaltungen organisiert wurden.

Die klimatische Umstellung war etwas merkwürdig. Im Außenbereich hatte es meist zwischen 25-30 °C, und innen wurde auf gefühlte 18°C heruntergekühlt, was zur Folge hatte, dass ich mir trotz wärmster Außentemperaturen einen Pullover für längere Vorlesungen mitnehmen musste.

Am ganzen Campus sind verschiedene Tiere herumgelaufen, unter anderem Kängurus und Bushturkeys, welche die Blätter, die der Gärtner schön auf Haufen zusammengekehrt hat, provokant wieder am Weg verstreuten.

Ja, was mich noch an Townsville überrascht hat, dass man dort nicht surfen kann und die Fullmoon-Party nicht zu Vollmond ist.

Was mich an Australien generell überrascht hat, ist, dass es an den coolsten Orten supertolle BBQs gibt, dass es riesige Inseln gibt, die nur aus Sand und Wald bestehen, dass Koalas wirklich extrem faul sind und man fünf Stunden in eine Richtung fahren kann ohne ein einziges Haus zu sehen.

  • Wie ich an der Uni untergebracht war:

Die Universität selbst bietet eine Beratung zwecks Unterkunft an. Es werden auch entsprechende Vorträge am Studienanfang gehalten. Es gibt Unterkünfte auf dem Campus der Uni, die jedoch im Allgemeinen sehr teuer sind und mehr einem Internat mit inkludiertem Essen bzw. Gemeinschaftsküchen vergleichbar sind.

Ich war zusammen mit einem Studienkollegen in einem Haus im Stadtteil Cranbrook unterbracht. Mit dem Fahrrad konnte ich die Uni etwa in 15 Minuten erreichen. Einkaufszentren oder auch ein schönes Freibad waren nur 5 Minuten entfernt, zum Strand musste man schon 30 Minuten einkalkulieren.

  • Wie schwierig es für mich war, den Lehrveranstaltungen zu folgen:

Die Lehrveranstaltungen bestanden aus „Lecture, Tutorial und Practical“ und hatten einen Umfang von umgerechnet 7.5 ECTS. Wobei in der Vorlesung den StudentInnen ausschließlich theoretische Grundlagen näher gebracht werden, welche später anhand von Beispielen in der Übung gefestigt werden. Manche ProfessorInnen gaben in der Übung Aufgaben, welche die StudentInnen in der Einheit rechnen mussten. Andere haben es ähnlich wie in Linz vorgerechnet.

Nach Beendigung eines größeren Themengebiets fanden die Praktika statt. Diese unterschieden sich kaum zu denen an der JKU. Die StudentInnen mussten einen Versuch aufbauen, analysieren und die Ergebnisse anhand eines Laborberichts dokumentieren.

In den meisten Lehrveranstaltungen gibt es etwa alle zwei Wochen Hausaufgaben. Somit ist man gezwungen immer mitzulernen, was es später und auch während des Semesters einfacher macht, dem Unterricht zu folgen.

Alle Lehrveranstaltungen sind in Vorlesung, Übung und Praktikum gegliedert. (es gibt auch nur eine Prüfung für das gesamte Fach). Dadurch ist es einfacher, alle Klausuren zu schreiben und das Studium auch in der Regelstudienzeit abzuschließen, weil es kaum Terminkollisionen gibt.

Die Abschlussprüfungen finden explizit in den dafür vorgesehenen Prüfungswochen statt. Davor hat man ein bis zwei Wochen keine Vorlesungen. Ähnlich ist es auch an der ETH in Zürich.

Durch das hohe Niveau an der JKU fiel es mir nicht sonderlich schwer, dem Unterricht zu folgen und die Kurse mit hervorragenden Noten abzuschließen.

Ich würde es begrüßen, wenn auch an der JKU mehr Vorlesungen auf Englisch angeboten würden. Die meisten aktuellen Forschungsarbeiten und auch Literatur sind fast ausschließlich in englischer Sprache verfasst. Gerade als akademischer Ingenieur sollte man diese Sprache beherrschen und auch das nötige fachspezifische Vokabular vorweisen können.

  • Wovon ich beim Auslandssemester am meisten profitiert habe:

Charakterbildung, natürlich Verbesserung der Englischkenntnisse, internationale Kontakte, Einblick in eine von Grund auf verschiedene Kultur.

  • Würde ich das noch einmal machen oder weiterempfehlen:

Ja, das ist auch der Grund warum ich mich dazu entschieden habe die Masterarbeit nicht in Linz zu schreiben.

Ich habe bereits einigen KommilitonInnen und auch FreundInnen geraten, zumindest ein Semester in Ausland zu gehen.

  • Meine Erfahrungen beim Auslandspraktikum in Zürich:

Über Kontakte vom elektrischen Antriebstechnik-Institut bin ich zu Levitronix, einem mittelgroßen Züricher Unternehmen im Bereich der Magnetlagertechnik gekommen, wo ich eine magnetgelagerte Pumpe entwickle.

Die Betreuung seitens Levitronix ist hervorragend. Wöchentlich findet ein Meeting statt, bei dem über Probleme, Erkenntnisse, Fortschritt der Arbeit gesprochen wird. Einmal im Monat präsentieren alle DissertantInnen und PraktikantInnen den aktuellen Fortschritt des jeweiligen Projekts. Dort bekommt man ein sehr gutes Feedback, Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Sollten zwischendurch mal Fragen auftreten, kann ich jederzeit meinen Betreuer von Levitronix, MitarbeiterInnen oder auch DissertantInnen der ETH fragen.

Das Praktikum bietet im Zuge der Masterarbeit die Möglichkeit, verschiedenste Entwicklungsstufen von der Theorie über die Berechnungen, Simulationen, den Hardwareaufbau bis zum anschließenden Vermessen in aktiver Zusammenarbeit mit hochqualifizierten MitarbeiterInnen verschiedenster Technologiebereiche umzusetzen.

  • Resümee: Wenn ich die Wahl hätte, zwischen einem Lebensmittelpunkt in Linz, in Zürich oder in Townsville zu entschieden – wofür würde ich mich entscheiden:

Grundsätzlich fällt es schwer diesbezüglich eine pauschale Antwort zu geben. Alle drei Orte haben sowohl unter wirtschaftlicher als auch landschaftlicher Betrachtung ihre Reize. Australien ist ein riesiger Kontinent und bietet dadurch auch große landschaftliche Vielfalt und die größten Unterschiede zur Heimat Österreich. Angefangen von Surfen über Tauchen bis hin zu Roadtrips durchs Outback bietet das Land sehr viel, was einen Abenteurer wie mich anspricht.

Im Vergleich dazu bieten die Alpen in der Schweiz und Österreich super Möglichkeiten Ski zu fahren, für Mountainbiken, Klettern und Wandern.

Für mich spielen die sprachlichen Unterschiede eine untergeordnete Rolle und man lebt sich auch in allen drei Ländern schnell ein und lernt die gängigsten Phrasen/Eigenheiten, wobei man in der Schweiz beachten muss, dass man im italienischen und französischen Teil im Alltag mit Deutsch und Englisch oft nicht verstanden wird. Da die meisten Technologieunternehmen aber eher im deutschsprachigen Teil der Schweiz angesiedelt sind, würde sich dieses Problem kaum stellen.

Rein wirtschaftlich betrachtet: generell steht der Fokus in Australien mehr auf Rohstoffproduktion, "Mining" und Systemaufbau und Erhaltung, was aufgrund der riesigen Distanzen nicht uninteressante  Herausforderungen liefert, wie z.B. die Stromversorgung über weite Distanzen.

Bei den in meinem Technologiebereich tätigen Firmen in der Schweiz und auch in Österreich liegt der Erfolg oft auf Hightech-Produkten, welche sich durch eine gute Produktentwicklung auszeichnen, worin ich auch einen möglichen Einsatzbereich sehe.

Aus rein finanzieller Sicht stehen sowohl Australien als auch die Schweiz mit dem derzeit sehr starken Franken klar als Favoriten dar. Doch eine solche Entscheidung hängt von verschiedensten Faktoren und Lebensumständen ab, und somit kann ich jetzt noch nicht sagen, wo sich mein Lebensmittelpunkt hin verlegen wird. Da sich alle Auslandserfahrungen bis jetzt sowohl in beruflicher als auch kultureller und sozialer Sicht als eine große Bereicherung herausgestellt haben, lasse ich mir diese Entscheidung noch offen und beschränke sie nicht auf diese drei Länder. Wer weiß, wo es mich noch hin verschlägt (Kanada, USA, Neuseeland....).