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IFAS half bei der Abwicklung der Entschädigung

Das Buch zum Schlussbericht des Antragskomitees des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus ist im Mai 2020 erschienen. Auch das IFAS leistete einen Beitrag ...

Auszug Artikel
Die Presse am Sonntag 31.05.2020

Eines der größten Projekte der Zweiten Republik zur Entschädigung nationalsozialistischen Vermögensentzuges ist im September 2015 zu seinem Ende gekommen. Der umfangreiche Schlussbericht des Antragskomitees, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus wurde dessen Kuratorium, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster vorgelegt, dem das Präsidium des Nationalrates, VertreterInnen aller Parlamentsparteien und der Bundesregierung, Opferverbände und RepräsentantInnen der Religionsgemeinschaften angehören. Am 4. April 2017 erfolgt im Beisein des Antragskomitees die Kenntnisnahme des Berichtes durch den Hauptausschuss des Nationalrates. Ein für die Öffentlichkeit bestimmtes „Buch zum Schlussbericht“ ist nun erschienen.

Es ist ein Rechenschaftsbericht, eine Dokumentensammlung und ein Bericht über den Umgang mit überlebenden Opfern. "Eine der wichtigsten Publikationen der Zweiten Republik", wie es Günther Haller in seiner Rezension in "Die Presse am Sonntag" vom 31. Mai 2020, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster bezeichnete.

In einem Beitrag dieses Buches (Helmut Waldl: Quotenprognose und statistische Risikoanalyse für die Auszahlungen des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus) geht es um die Abwicklung der Auszahlungen des Fonds, zu dem das IFAS beigetragen hat:

Ursprünglich sollten die dem Entschädigungsfonds zur Verfügung stehenden Mittel erst nach Entscheidung und Bewertung aller Anträge aliquot auf die anerkannten Forderungen aufgeteilt und dann die so errechneten Beträge an die AntragstellerInnen oder deren Erbinnen und Erben ausbezahlt werden. Um aber schon früher mit den Zahlungen beginnen zu können, wurde nach der Abweisung der letzten in den USA anhängigen Sammelklage gegen Österreich bzw. österreichische Unternehmen eine Änderung des Entschädigungsfondsgesetzes beschlossen. Damit konnten unterbestimmten Voraussetzungen bereits vor der Bewertung sämtlicher Forderungen jene AntragstellerInnen vorgezogene Entschädigungszahlungen erhalten, deren Anträge entschieden worden waren.

Der Fonds teilte sich in drei „Verfahrensarten“, denen jeweils ein fester Betrag zur Verfügung stand. Für jede Verfahrensart gab es also eine eigene Auszahlungsquote. Eine wichtige Voraussetzung für die Vorauszahlungen war die Schätzung dieser drei Quoten. Da etliche Voraussetzungen für eine einfache Hochrechnung der bereits entschiedenen Anträge nicht gegeben waren, war die Schätzung der Auszahlungsquoten und des mit einer bestimmten Vorauszahlung verbundenen Risikos einer Überzahlung eine auch für Statistiker sehr anspruchsvolle Aufgabe.

Damit die Vorleistung auf bereits anerkannte Forderungen mehr als nur symbolischen Charakter hatte, sollten einerseitsdie aus den geschätzten Endquoten resultierenden Vorauszahlungen einen substantiellen Anteil der noch unbekannten tatsächlichen Entschädigungssummen ausmachen, andererseits mussten aber auch zu hohe und dann eventuell nicht durch den Fonds gedeckte Vorauszahlungen verhindert werden, da erstens getätigte Zahlungen nicht zurückgefordert werden konnten und zweitens eine nachträgliche Verringerung der Quoten zu einer Benachteiligung der betroffenen AntragstellerInnen gegenüber den den bereits vorausgezahlten geführt hätte.

Aufgrund der Schätzung der Auszahlungsquoten des IFAS entschied man sich zu folgenden Vorauszahlungsquoten: 15% im Billigkeitverfahren, 10% im Forderungsverfahren und 15% im Versicherungsverfahren. Die tatsächlichen Schlussquoten waren wie geplant nur geringfügig höher: 17,1% im Billigkeisverfahren, 10,5% im Forderungsverfahren und 20,7% im Versicherungsverfahren (wo die Prognose am schwierigsten war).

Erst durch die Schätzung der Auszahlungsquoten konnten Vorauszahlungen an beinahe alle AntragstellerInnen geleistet werden und viele Menschen, die die abschließende Zahlung nicht mehr erlebten, sind so noch zu Lebzeiten in den Genuss einer Entschädigung gekommen.