Ade, Amsterdam: KI-Forscher Brandstetter ist an die JKU zurückgekehrt

Ass.-Prof. Dr. Johannes Brandstetter ist aus Amsterdam an die JKU zurückgekehrt und forscht nun wieder am Institut für Machine Learning.

Johannes Brandstetter; Credit: JKU
Johannes Brandstetter; Credit: JKU

Im Interview erklärt er die Beweggründe für seine Rückkehr nach Österreich.

Sie haben die JKU vor einigen Jahren für das renommierte Amsterdam Machine Learning Lab (AMLab) verlassen. Was hat Sie dorthin gezogen?
Johannes Brandstetter: Ich habe Prof. Hochreiter damals gesagt, dass ich unbedingt nochmal ins Ausland will. Er fragte wohin – und plötzlich sagten wir beide gleichzeitig Amsterdam. Das AMLab war und ist ein echter Hotspot der Künstlichen Intelligenz, eine richtige Talentschmiede. Microsoft ist mittlerweile auch in Amsterdam – eben wegen des AMLabs. Es war also absolut „the place to be“, wenn man sich für Künstliche Intelligenz interessiert hat.

Was hat das AMLab, was die JKU nicht hat?
Johannes Brandstetter: Es ist gar nicht nur das AMLab. Als KI-Forschungs-Ökosystem kann die JKU da durchaus mithalten! Aber in Amsterdam ist nicht nur das AMLab:die Stadt ist ein KI-Knotenpunkt. Wirtschaft, Politik und Forschung sind im Bereich Künstliche Intelligenz extrem vernetzt und räumen dem Thema einen enorm hohen Stellenwert ein. Dadurch steht auch entsprechende Rechnerleistung zur Verfügung, ein für KI-Forschung ganz wichtiger Aspekt.

Können wir damit konkurrieren?
Johannes Brandstetter: Da braucht es sicher massive Investitionen und Verbesserungen. Dafür kämpfen wir auch.

Sie waren auch in Seattle, haben dort für Microsoft gearbeitet. Dennoch sind Sie zurückgekommen. Warum hat Sie die JKU nie losgelassen?
Johannes Brandstetter: Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist Prof. Hochreiter mein Mentor, ihm verdanke ich sehr viel und freue mich, wieder mit ihm arbeiten zu können. Zum anderen war ich nie ganz weg. Ich hatte vor meinem Gang nach Amsterdam ein Angebot für eine Tenure-Track-Stelle an der JKU. Altrektor Lukas hat ermöglicht, dass dieses Angebot erhalten geblieben ist.

Vor allem aber: Ich habe zwei Jahre für einen US-Hightech-Konzern gearbeitet. Ich möchte aber, dass das Know-how und vor allem die Gestaltung von KI nicht nur Amerika oder Asien vorbehalten ist. Ich möchte einen Beitrag leisten, dass auch Europa mitentscheidet, wie KI unser Leben verändern wird!

Und das wird sie vermutlich…
Johannes Brandstetter: Wir stehen vor einer Revolution. Wir haben bisher nur KI in wenigen Bereichen erlebt, z.B. ChatGPT bei Texten. Das hat dort bereits enorm viel verändert. Aber jetzt kommt die größere Revolution im Bereich Industrie – Logistik, Transport und vieles mehr.

Klingt beängstigend.
Johannes Brandstetter: Nein, fürchten müssen wir uns nicht. Aber vorbereiten. Wenn der Winter kommt, sollte man auch einen Mantel bereit haben. Aber darum ist es so wichtig, dass wir mitgestalten und nicht hinnehmen müssen, was andere uns vorgeben.

Kann man das an einer Universität?
Johannes Brandstetter: Aus meiner Sicht gab es einen Paradigmenwechsel. Bisher war eher die Industrie der Innovationstreiber. Die ist jetzt so auf die bestehende KI fokussiert, dass die neuen Errungenschaften eher von den Unis ausgehen.

Und das wollen Sie mitgestalten. Für Microsoft haben Sie an Wettersimulationen gearbeitet. Woran forschen Sie an der JKU?
Johannes Brandstetter:(lacht) Wir haben diese Klimasimulationen begonnen, ohne Ahnung von Wetterforschung zu haben. Dadurch habe ich gelernt, einen Schritt zurückzutreten und mich auf die Grundlagen zu konzentrieren. So kann man KIs entwickeln, die für viele Bereiche einsetzbar sind. Klima- und Industriesimulationen sind gar nicht so unterschiedlich, wie man glauben könnte.

Sie werden also industrienah arbeiten – und jetzt nicht mehr in Amsterdam, sondern in Linz. Ein Kulturschock?
Johannes Brandstetter: Ja und nein. Das Institut für Machine Learning ist sehr international, aber ansonsten wird im wissenschaftlichen Bereich vorwiegend deutsch gesprochen, das ist eine Umstellung. Dafür genieße ich die Natur und die Berge. In Holland kann man nicht einfach wo hinfahren und unberührte Natur erleben.

Also bereuen Sie die Rückkehr nicht.
Johannes Brandstetter: (lacht) Bisher nicht. Österreich ist ein bisschen paradox. Wer es nicht so genau kennt, überschätzt es leicht. Aber wer es gut kennt, neigt dazu, es oft zu unterschätzen. Ich bin sicher, wir können hier sehr viel erreichen!

Zur Person
Ass.-Prof. Dr. Johannes Brandstetter stammt aus Schärding und ist 33 Jahre alt. Er hat in Wien Physik studiert und seine Doktorarbeit am Kernforschungszentrum CERN erstellt.