Studie: Wie Österreich zu Beginn der Covid-19-Pandemie lebte

Eine Studie geht der Frage nach, wie die Österreicher*innen die ersten Monate der Corona-Pandemie 2020 erlebt haben.

von links: Moosbrugger, Prandner
von links: Moosbrugger, Prandner

Dieser Frage wird im frei verfügbarem (Open Access) Band „Die österreichische Gesellschaft während der Corona-Pandemie“ nachgegangen. Soziolog*innen der Abteilung für empirische Sozialforschung der JKU haben sich gemeinsam mit Kolleg*innen der Universitäten Graz und Salzburg auf Grundlage mehrerer Umfragen aus dem Frühjahr 2020 damit auseinandergesetzt, wie die Österreicher*innen in den ersten Monaten der Pandemie auf die Krise reagierten.

Herausgegeben wurde der Band in Kooperation von Forschenden an der JKU (Dr. Dimitri Prandner) und an den Universitäten Salzburg (Assoc-Prof. Dr. Wolfgang Aschauer) und Graz (Christoph Glatz, Msc.). In zehn thematischen Beiträgen zeigen 18 Autor*innen unter anderem, wie die Corona-Pandemie innerhalb von wenigen Wochen die Bedeutung von Arbeit und Familie verändert hat und tradierte Geschlechterrollen sowie Wertehaltung wieder verstärkt auftraten. Zeitgleich sind Lebenszufriedenheit und soziales Vertrauen zurückgegangen und Fragen des Umweltschutzes in den Hintergrund getreten.

Die vier Beiträge unter Beteiligung von JKU Forschenden:

  • Die Analysen von Dr.in Martina Beham-Rabanser, Prof. Johann Bacher und Mag. Mathias Forstner und ihren Grazer Kolleginnen Assoc.-Prof.in Sabina Haring-Mosbacher und Mag.a Karin Scaria-Bruanstein (beide Uni Graz) verdeutlichen, dass die ersten Monate nach Beginn der Pandemie insbesondere für Frauen in der Rushhour des Lebens ein Drahtseilakt waren. Charaktertisch für Frauen mit Kindern, die im Homeoffice tätig waren und die die Hauptverantwortung für Betreuungs- und Haushaltsarbeiten inklusive Homeschooling hatten, war eine starke Entgrenzung des Arbeitsalltags weit in die Nachtstunden hinein.
  • Ass.-Prof. Alfred Grausgruber konnte mit Grazer Kollegen – Dr. Otto Bodi-Fernandez und Christoph Glatz, MSc. – die Solidarität der Österreicher*innen während der Pandemie untersuchen. Während des ersten Lockdowns zeigte sich bei den Österreicher*innen ein anfänglicher Schub in der wahrgenommenen Solidarität. Der wahrgenommene soziale Zusammenhalt sank während den ersten Monaten der Krise sukzessive bis unter das Vor-Krisen-Niveau ab.
  • Mag. Robert Moosbrugger und Dr. Dimitri Prandner konnten aufzeigen, dass zu Beginn der Krise Pessimismus hinsichtlich der Entwicklungen der Lebensbedingungen in den nächsten Jahren verbreiteter geworden ist. Es werden je nach Referenzpunkt Unterschiede deutlich: Knapp drei Viertel sind pessimistisch für Europa, zwei Drittel für Österreich, im Vergleich dazu aber nur jede*r Vierte hinsichtlich der Entwicklung der eigenen Lebensbedingungen. Neben Gefahren durch Corona sind es vor allem materielle Deprivation und ein Mangel an Institutionsvertrauen, welche das Ausmaß an Zukunftspessimismus begünstigen.
  • Dr. Dimitri Prandner zeigte, dass sich die österreichische Gesellschaft zu Beginn der Pandemie stark auf traditionelle Fernsehnachrichten und Nachrichtenkanäle verließ und diesen Vertrauen entgegenbrachte. Auffällig war aber bereits zu diesem Zeitpunkt, dass Personen mit niedrigem sozialem Status tendenziell seltener Informationen aus journalistischen Medien vertrauten. Die Gefahr, dass sich eine Gruppe an Personen alternativen Informationsquellen zuwenden könnte, war aber zu Beginn der Krise nur bei wenigen Befragungsteilnehmer*innen – weniger als 5% der Befragten – erkennbar.

Das Buch ist im Springer Verlag erschienen und ist Open Access direkt beim Verlag verfügbar:Die österreichische Gesellschaft während der Corona-Pandemie | Springer, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster; gedruckte Exemplare des Sammelbands sind im Fachhandel für ca. 45 € zu beziehen.